Es ließe sich sicher ganz viel scheiben zum Wechsel der Eurobike von Friedrichshafen nach Frankfurt und über die Vor- und Nachteile des neuen Termins im Sommer diskutieren … bei der Eurobico war zuerst einmal das heimliche Motte „Endlich wieder Messe“ zu spüren.
Klar lassen sich alle technischen Details auch vom Bildschirm ablesen und mit 3-D Fotografien und Videos lässt sich viel anfassen … aber einfach mal was zu begreifen, ist einfach etwas anderes.
Deshalb war auch ich schon in den Tagen vorher voller Vorfreude, mal wieder ganz viel schöne Fahrradtechnik sehen zu können … und mit diversen Leuten mal wieder persönlich zu reden.
Mein erster Anlaufpunkt war der Stand von HP Velotechnik auf dem Außengelände. Im Vordergrund Pressesprecher Alexander Kraft auf dem neuen Standard-Netzsitz. In den Zeiten des Homeoffice habe ich schon diverse Kollegen auf „Gamer“-Sesseln gesehen. Der neue Sitz geht in diese Richtung. Leider hatte ich nicht die Zeit, ihn auf der Teststecke zu fahren … aber im nächsten Jahr kommt ja hoffentlich wieder die Spezialradmesse.
Im Gegensatz zum neuen Standardmodell ist das eigentliche Highlight wohl nur für eine kleine Zahl von Menschen interessant, dann aber vielleicht viel wichtiger. HP hat einen Handantrieb für eine Dreiräder entwickelt.
Aber nicht nur das Aussehen ist schick. Auch die Idee, das meist vorhandene extragroße Kettenblatt beim Handantrieb zu ersetzen, überzeugt. Ich bin gespannt, wie das Ganze in der Serie aussieht. Der gezeigte Prototyp war leider nicht zum Ausprobieren … aber auch da setze ich (spätestens) auf die Spezi. Es bleibt zu hoffen, dass die Krankenkassen diese Art von Mobilität akzeptieren. Meine Erfahrungen im persönlichen Umfeld zeigen leider, dass viele Krankenkassen eingeschänkte Mobilität und Fahrrad überhaut nicht zusammendenken können.
Bei meinem Rundgang über die Messe war ich doch beeindruckt, wie dominant Pedelecs inzwischen sind. Kaum ein Hersteller, der keine elektrisch unterstützten Modelle im Programm hat. Ein bisschen schade finde ich den teilweise zu beobachtenden Trend, völlig ineffektive schwere Räder zu bauen, die sich eigentlich nur noch mit elektrischer Unterstützung fahren lassen.
Zu meiner guten Laune trugen zwei Exoten bei. Ein Holzfahrrad aus Oberösterreich, das auch elektrische unterstützt wird und wirklich spannend ist. Und ein Bambusfahrrad, das als Entwicklungs- bzw. Kooperationsprojekt gefertigt wird.
Mein Praxistipp habe ich bei SKS bekommen. Wer kennt ihn nicht, den berühmten Rennkompressor. Dort ist eine kleine Produktentwicklung geplant, die zumindest bei meinem Anhänger zu Problemen führen kann. Da der Ventilkopf größer wird, gehe ich davon aus dass sich damit Räder mit engen Speichenabständen oder Mehrfachkreutzung nicht oder nur noch schwierig aufpumpen lassen – wie bei meinem Birdy . Ich werde mir einige „alte“ Köpfe auf Lager legen, damit ich bei Verlust meine Pumpe weiter nutzen kann.
Der Abschluss meines Messebesuchs war die Pressekonferenz von Gunnar Fehlau – dem Gründer des Pressedienst Fahrrad. Es hat wieder viel Spaß gemacht. Gunnar gab eine Übersicht über einige Messehighlighs.
Besonders viel Spaß machte es Gunnar, den Prototyp des Handantriebs von HP Velotechnik vorzustellen und er begründete das damit, dass genau solche Prototypen und Entwicklungen Messe ausmachen. Ich kann da nur zustimmen.
Ein weiteres Beispiel für die Neuentwicklungen ist das neue Laufrad von Pucky, das – so die Interpretation von Gunnar – für die Eltern-Generation Moutainbike entwickelt wurde. Breite Stollenreifen und auch die Farbgebung machen das Rad für die Eltern attraktiv … und für die Kinder.
Aber auch bei der Kleidung gibt es Innovationen. Der neue Helm von Abus hat eine Zusatzbeleuchtung. Und ich habe auch wieder etwas gelernt. Blinklichter am Rad sind nicht zugelassen, für die Kleidung bzw. den Helm gibt es jedoch keine Vorschriften.
Gunnar gab dann noch einen Überblick über die Neuigkeiten vom neue Carbonrahmen bis zum ersten Kettenspanner für Zahnriemen, der vom Hersteller Gates für Kompletträder angeboten wird. Damit können erstmals gefederte Räder mit Zahnriemen kombiniert werden.
Viel Spaß machte der Ausflug in die Fahrradtechnik am Beispiel von Fahrradjubiläen:
- 100 Jahre SKS Pumpen – das Jubiläumsmodell hat eine elektronische Anzeige und ist laut Gunnar das Schweizer Messer der Pumpentechnik … ich schaffe es zum Glück noch mit dem analogen Display.
- 10 Jahre Haibike – einer der Pedelec-Hersteller, der die elektrische Unterstützung vom „das brauche ist zum das will ich“ mitentwicklet haben. Und auch wenn manche Modelle doch eher landwirtschaftlichem Gerät ähneln, die Räder sehen schon „cool“ aus.
- 30 Jahre Velotraum – der Hersteller hochwertiger Räder hat als Jubiläumsmodell ein Gravelbike vorgestellt. Das sieht dem Reiserad aus dem letzten Jahrhundert ziemlich ähnlich – aber die weitentwickelte Technik ist schon beeindruckend.
- 40 Jahr Ortlieb – wie Gunnar so schön erläuterte: „Regen wird zur Sprühkühlung“ und das Gepäck bleibt trocken. Das neueste Modell ist eine Kombination aus Rucksack und Gepäcktasche. Das Hängesystem ist dabei fest integriert.
Mit all diesen Beispielen machte Gunnar auch deutlich, dass sich die Fahrradtechnik rasant entwickelt und die unterschiedlichen Bereiche sich gegenseitig inspiriert haben. Gunnar fasste es sehr gut zusammen: Wir haben jetzt Bremen, die bremsen, Leuchten, die leuchten, Schaltungen, die schalten. Das alles ist jetzt auch für Nicht-Freaks nutzbare Technik, die das Radfahren im Alltag und in der Freizeit unterstützt … jetzt fehlt nur noch die attraktive Infrastruktur.
Ich freue mich schon auf die nächsten Messen und hoffe, dass diese auch wirklich zu besuchen sind.