Nach drei Jahren war es endlich wieder soweit: Tag der offenen Tür bei HP Velotechnik in Kriftel.
Und wie in den Jahren vor Corona strömten die schon Habenden, Wollende und Interessierte in die wie immer bestens aufgeräumte Halle.
Neben den legendären Führungen mit Paul Hollands, den Vorstellungen der Firmengeschichte, dem Probefahrten auf dem Parkplatz und der Präsentation der Modelle gab es diesmal eine Talkrunde mit dem Titel „Alles halb fertig“ mit Daniel Pulvermüller (Gründer und Geschäftsführer), Thomas Wilkens (Vertriebsleiter) und Alexander Kraft (Pressesprecher) über die Zeit während Corona und mit dem Überfall Russlands auf die Ukraine.
Die drei berichteten vom Januar 2020 ausgehend über die Folgen für HP. “ Ich habe von dem Husten in China gehört und bestellt.“ Im Rückblick eine weise Entscheidung.
Aber zunächst kam der Lockdown, der HP stark getroffen hat, da von einem Tag auf den anderen der Kontakt zu den Händlerinnen und Händlern in Deutschland und den USA und vor allem zu den Kundinnen und Kunden abbrach – und damit auch alle Bestellungen. Das Geschäftsmodell auf Bestellung zu fertigen schlug dabei durch. Und so ging HP für drei Wochen in Kurzarbeit.
Nachdem in Deutschland nach kurzer Zeit die Fahrradwerkstätten ebenso wie Kfz- Werkstätten wieder öffnen durften, stiegen die Bestelleingänge wieder rasch an. Dann wirkten sich schnell die Probleme in den Lieferketten aus. Starke Nachfrage stieß auf sich rasant leerende Lager. HP mutierte kurzfristig zum Ersatzteillieferanten und musste dies nach kurzer Zeit einschränken, um die eigene Produktion nicht reduzieren zu müssen.
Aber auch trotz dieser Bemühungen war auch HP bald von Lieferproblemen betroffen. Kein Wunder, wenn sich Lieferzeiten von 6-8 Monaten innerhalb von wenigen Monaten auf bis zu 24 Monate verlängerten. Da half dann auch der Einsatz von Luftfracht statt Schiffstransporten wenig. Fahrräder bzw. Fahrradteile sind das neue Klopapier…
Die Lage hat sich bis heute nicht wesentlich verbessert und auch Standardkomponenten haben weiterhin sehr lange Lieferzeiten, was sich auf Vorplanungen und -bestellungen und die Verfügbarkeit bzw. die Lieferfähigkeit auswirkt. Es war und ist sicher kein Spaß bei hochpreisigen Rädern erklären zu müssen, welche Optionen alle nicht verfügbar sind. Teilweise wurden alternative Komponenten verbaut und neue Lösungen entwickelt.
Sehr nachdenklich hat mich die Antwort von Daniel Pulvermüller zur Frage nach mehr Produktion in Europa bzw. Deutschland gemacht. Er erklärte dass HP beispielsweise seit 25 Jahren mit Rahmenbauern in Taiwan zusammenarbeitet, deren hohe Qualität und Verfügbarkeit auf dem europäischen Markt kaum ersetzbar ist.
Mit einem nachdenklichen Ausblick auf die Folgen der Energiepreissteigerung und Vorfreude auf die Eurobike ging die Runde zu Ende.
Ich probierte danach noch das Handbike aus, das inzwischen regulär erhältlich ist und auf das Daniel Pulvermüller zu recht stolz ist. Dank der kräftigen elektrischen Unterstützung bin auch ich nicht trainiert gut vorangekommen. Ich wünsche HP aber auch den darauf angewiesenen potenziellen Nutzenden, dass so vielen Menschen wieder zu eigenständiger Mobilität verholfen werden kann.
Bei knapp 30 Grad fuhr ich wieder zurück und war froh, als ich müde und verschwitzt unter der (solargewärmten) Dusche stand.