Archiv der Kategorie: Touren und Ausflüge

Saisoneröffnung (7.436 km)

Aufgeweichter Waldweg bei Griesheim (Bild: Klaus Dapp)

Aufgeweichter Waldweg bei Griesheim (Bild: Klaus Dapp)

Da hatten wir einen (zu) warmen Januar … und pünktlich zu meiner Jahresinspektion sinken die Temperaturen in den Frostbereich. Da es nicht regnete oder schneite, entschloss ich mich dafür, den Weg komplett per Rad zu fahren und verzichtete auf ein Stück Zugfahrt. Mit Neopren Überschuhen, kurzer warmer (und an entscheidender Stelle windstoppender) Unterhose und Skitourenhose, windichter Jacke sowie mit Sturmhaube und winddichter Mütze machte ich mich auf den Weg. Die Fahrt nach Trebur ist ja auch keine Weltreise, sondern nur flache 25 Kilometer lang.

Dank längerem Getrödel vor dem Start waren die Temperaturen über den Gefrierpunkt gestiegen. Was mich zunächst freute, stellte sich kurz nach Griesheim als Problem dar. Die Wege waren an der Oberfläche teilweise richtig schlammig und rutschig. Das war nicht nur unangenehm zu fahren sondern saute das Rad auch richtig ein. So musste ich mich bei Abgeben erst einmal dafür entschuldigen.

Zurück mit dem Leihrad fuhr ich dann doch zum nächsten Bahnhof. Dank der warmen Kleidung war mir relativ warm – nur die Füße waren trotz Neopren Überzug eisig kalt. Nach einer warmen Dusche gönnte ich mir einen Mittagschlaf und war danach glücklich, dass ich mich aufgerafft hatte, den ganzen Weg mit dem Liegerad zu fahren.

Dank meiner Trockenübungen bin ich – für meine Verhältnisse – zügig unterwegs gewesen und hatte am nächsten Tag keinen Muskelkater in den Beinen. Allerdings werden – logischerweise – die Nackenmuskeln nicht trainiert. Da ich da sehr empfindlich bin, war ich am nächsten Tag ziemlich verspannt. Schade, dass sich das nicht auch beim Lesen trainieren lässt. Da muss ich mir noch was einfallen lassen.

Plauderstündchen in Kriftel (7.355 km)

Gepäckträgertransport auf dem Grasshopper im Frankfurter Stadtwald (Bild: Klaus Dapp)

Gepäckträgertransport auf dem Grasshopper im Frankfurter Stadtwald (Bild: Klaus Dapp)

Wunderschönes Herbstwetter und schon zwei Tage kein Liegerad mehr gefahren, da beschloss ich, den defekten Gepäckträger einfach per Grasshopper nach Kriftel zu fahren (und damit den Weg zum Logistikdienstleister zu sparen). Damit es ein Besuch und kein Überfall wird, habe ich kurz vor Start noch Alexander Kraft, den Pressesprecher von HP, angerufen.

Danach fuhr ich los und ärgerte mich erst mal, dass ich zwar gestern den Gepäckträger getauscht habe, aber das Ölen der Kette ebenso vergessen hatte wie die Absenkung des Drucks im hinteren Dämpfer, den ich für die Schwarzwaldfahrt erhöht hatte. So rumpelte ich leicht quietschend durch den Wald. Am Bahnübergang über die Riedbahn musste ich fast 15 Minuten warten … das erforderte schon ziemlich viel Disziplin, das Rad nicht einfach um die Schranken herum zu schieben. Danach trat ich noch etwas kräftiger in die Pedale, um halbwegs zur angekündigten Zeit anzukommen.

"Bettelbahnübergang" - aber nachdem die Züge durch waren, durfte ich sofort durch (Bild: Klaus Dapp)

„Bettelbahnübergang“ – aber nachdem die Züge durch waren, durfte ich dann auch durch (Bild: Klaus Dapp)

In Kriftel angekommen, kam mir Alexander Kraft auch schon am Eingang entgegen und begrüßte mich. Alexander Kopp aus dem technischen Vertrieb, mit dem ich auf der Eurobike über meinen Gepäckträger gesprochen hatte und Bilder zugeschickt hatte, war leider krank. So bin ich gespannt, was er noch zum Bruch des Gepäckträgers sagt.

Mit Alexander Kraft hatte ich noch Gelegenheit einen Kaffee zu trinken. Ich wollte natürlich wissen, ob es schon erste Rückmeldungen nach der Eurobike gibt. Insgesamt ist der Stand mit der neuen Messetechnik und der neuen Corporate Identity sowohl bei den Besucherinnen und Besuchern, die bewusst zu HP Velotechnik an den Stand gekommen sind, und den zufälligen Besucherinnen und Besuchern auf gute Resonanz stieß. Auch die Resonanz auf die Neuigkeiten war gut. Vor allem der Blinker für die Dreiräder und die Pinion-Schaltung im Ausleger wurden positiv wahrgenommen. Der Blinker hat offenbar viel Interesse gerade im Reha-Bereich ausgelöst.

Aus der Diskussion, ob nun die Pinion- oder die Rohloff-Schaltung die bessere Option ist, hält sich HP raus. Für den Einsatz mit Hinterradmotor ist die Pinion-Schaltung technisch bedingt die einzige Nabenschaltungsoption. Ich bin gespannt, ob diese dann doch ziemlich hochpreisige Ausführung auch entsprechend nachgefragt wird – so soll beispielsweise eine Streetmachine Gte mit Go Swissdrive-Motor und Pionion-Schaltung rund 6.300 Euro kosten. Wie sich die Neuheiten auf die Verkaufszahlen auswirken, wird sich erst in den nächsten Monaten zeigen. Mit dem Blinker und der Pinion-Schaltung bietet HP nachrüstbare Optionen an, die weit über kleine Ergänzungen wie die weiter angebotene Airzound-Hupe oder Ersatzteile hinausgehen.

Speziell für die Kundinnen und Kunden in den USA hat HP ein neues Angebot entwickelt, was stärker auf die dortigen Markt- und Kaufverhältnisse eingeht. Zu den Kaufgewohnheiten in den USA gehört es, dass die Kundinnen und Kunden die Produkte im Laden in der Regel sofort mitnehmen wollen. Dazu bauen die Fahrradhändler in den USA die Fahrräder in der Regel größtenteils selbstständig auf – im Gegensatz beispielsweise zu den Händlern in Deutschland, die in der Regel ein weitgehend vormontiertes Fahrrad beziehen, das die Kundinnen und Kunden nach Wunsch aus dem reichhaltigen Baukasten von HP konfiguriert haben. Damit sinkt bei diesen Rädern in der USA der „Kriftel-Anteil“ deutlich. Der Markt insbesondere für Liegedreiräder unterscheidet sich ebenfalls. In den USA besteht ein wesentlich breiteres Angebot an günstigen Liegedreirädern.

Während des Tages der offenen Tür wurde auch ein Grasshopper aufgebaut (Bild: Klaus Dapp)

Grasshopper im Werk Kriftel (Bild: Klaus Dapp)

Deshalb gibt es speziell für die USA spezielle Editionen „Sport“ und „Performance“ für das Gekko 26 (unfaltbar), das Gekko fx 20 (faltbar) und das Gekko fx 26 (faltbar). Diese sind weitgehend vorkonfiguriert und werden an die Händler als Pakete zur Montage ausgeliefert. Dadurch – und insbesondere durch den Verzicht auf die Falteigenschaft – können im Vergleich zu heute günstigere Preise angeboten werden. Im günstigsten Fall sind das knapp 1.900 Dollar – oder mit dem aktuellen Wechselkurs rund 1.600 Euro. Damit gibt es erstmals ein Angebot deutlich unter dem „Eckpreis“ von 2.000 Dollar. Im Vergleich dazu kosten die frei konfigurierbaren und faltbaren Modelle aus Kriftel rund 2.900 (Gekko fx 20) bzw. 3.000 Dollar (Gekko fx 26) – hier sind Zoll und Versandkosten wesentliche Kostentreiber.

Ich bin gespannt, ob sich HP damit noch stärker in den USA etablieren kann. Ich hoffe, dass das Konzept aufgeht und dadurch der Standort Kriftel gestärkt wird – auch damit die Konfigurationsmöglichkeiten in Deutschland erhalten bleiben.

Idylle am Main (Bild: Klaus Dapp)

Idylle am Main (Bild: Klaus Dapp)

Auf der Rückfahrt habe ich am Main eine kleine Mittagspause eingelegt. Da die Windrichtung passte, konnte ich dabei gut die am nahen Flughafen startenden Flugzeuge beobachten. Nach der Unterquerung der Landebahn kam ich noch am Übungsgelände der Flughafenfeuerwehr vorbei – nach der Anzahl der Zuschauer jenseits des Zauns war wohl gerade eine größere Übung zu Ende gegangen. Nachdem ich das Flughafengelände verlassen hatte, ging es unspektakulär wieder zurück. Unterwegs überholte mich ein E-Scorpionfahrer mit dem Streamer (Windschutz), der offensichtlich täglich auf der Strecke unterwegs war. Am Bahnübergang musste ich auf der Rückfahrt nur eine knappe Minute warten und konnte bald darauf den schönen Tagesausflug daheim beenden.

Schwarzwald Panoramaradweg – 3. Tag: Freudenstadt – Schwenningen (7.208 km)

Europäische Wasserscheide Donau bzw. Rhein/Neckar (Bild: Klaus Dapp)

Europäische Wasserscheide Donau bzw. Rhein/Neckar (Bild: Klaus Dapp)

Gestärkt mit einem leckeren Frühstück zogen wir los und querten den Marktplatz in Freudenstadt. Blöderweise wusste ich schon, was jetzt kommt. Die nächste dreiviertel Stunde kurbelten wir uns teilweise kräftig nach oben. Da zeigte sich der Schwarzwald von seiner hügeligen Seite. Entlohnt wurden wir von einer ebenso steilen Abfahrt. Leider musste ich zwischendurch anhalten, da sich am Grasshopper das hintere Schutzblech von der hinteren Schutzblechstrebe gelöst hat.

Aufstieg hinter Freudenstadt (Bild: Klaus Dapp)

Aufstieg hinter Freudenstadt (Bild: Klaus Dapp)

Schon bald verließen wir den Wald und kamen auf Freiflächen. Dort genossen wir die Sonne und die tollen Blicke über und in den Schwarzwald. Klar, dass ich nicht nur in kurzer Hose sondern auch im T-Shirt unterwegs war.

Sonne genießende Kuh (Bild: Klaus Dapp)

Sonne genießende Kuh (Bild: Klaus Dapp)

Herbstlicher Feldrand oberhalb des Kinzigtals (Bild: Klaus Dapp)

Herbstlicher Feldrand oberhalb des Kinzigtals (Bild: Klaus Dapp)

Blick von Aichfelden über das Kinzigtal in Richtung Offenburg (Bild: Klaus Dapp)

Blick von Aichfelden über das Kinzigtal in Richtung Offenburg (Bild: Klaus Dapp)

Oberhalb von Alpirsbach erreichten wir den tiefsten Punkt des Tages und mussten dann teilweise wieder kräftig aufsteigen. Die Wege auf den Freiflächen waren meistens asphaltiert und wirklich gut befahrbar.

Freifläche im Schwarzwald (Bild: Klaus Dapp)

Freifläche im Schwarzwald (Bild: Klaus Dapp)

Um so größer war die Freude, dass wir nach Villingen bergab fahren konnten. Wir nutzten die Gelegenheit und schauten uns die schöne autofreie Innenstadt der Zähringerstadt Villingen an.

Obertor in Villingen im Schwarzwald (Bild: Klaus Dapp)

Obertor in Villingen im Schwarzwald (Bild: Klaus Dapp)

Leider hatten wir keine Übernachtungsmöglichkeit in Villingen gefunden. So mussten wir noch nach Schwenningen weiterfahren und dabei zwei wichtige Grenzen überwinden. Zum einen verließen wir Baden und fuhren nach Württemberg und zum anderen querten wir die Wasserscheide zwischen Donau und Rhein.

Wir belohnten uns mit einem leckeren Abendessen und guten Coctails für die lange Tour – dies trug sicher auch dazu bei, dass wir in der Nacht tief und fest geschlafen haben.

Schwarzwald Panoramaradweg – 2. Tag: Bad Wildbad – Freudenstadt (7.128 km)

Sonnenschein auf dem Sommerberg oberhalb von Bad Wildbad (Bild: Klaus Dapp)

Sonnenschein auf dem Sommerberg oberhalb von Bad Wildbad (Bild: Klaus Dapp)

Zugegeben, ich habe es schon für ziemliches Geschwätz gehalten, als ein Wanderer aus dem Saarland in der Sommerbergbahn dozierte, dass es oben ja deutlich wärmer sei… aber als wir mit der Sommerbergbahn aus dem Nebel in die Sonne fuhren, war es wirklich so. Als erstes habe ich die kurze Hose angezogen und dann konnte es losgehen.

Im Warteraum der Sommerbergbahn (Bild: Klaus Dapp)

Im Warteraum der Sommerbergbahn (Bild: Klaus Dapp)

Alleine durch den Start in der Sonne hat sich die Fahrt mit der Sommerbergbahn gelohnt. Es war gleich am Anfang schon schön warm … und genug Berg war für uns auch noch da.

Auf den nächsten rund 15 Kilometern kurbelten wir uns auf knapp 1000 Meter über Normalnull und bestiegen dann noch den Hohlohturm. Der Blick war klasse und der Turm war ein echter Publikumsmagnet, so dass wir in mehreren Sprachen der Erklärung der Umgebung lauschen konnten.

Blick vom Hohlohturm (Bild: Klaus Dapp)

Blick vom Hohlohturm in Richtung Rheinebene (Bild: Klaus Dapp)

Blick vom Hohlohturm in den Nordschwarzwald (Bild: Klaus Dapp)

Blick vom Hohlohturm in den Nordschwarzwald (Bild: Klaus Dapp)

Danach genosse wir etliche tolle Abfahrten … und lernten auch noch ganz andere Seiten des Schwarzwalds kennen.

Freifläche bei Besenfeld im Schwarzwald (Bild: Klaus Dapp)

Freifläche bei Besenfeld im Schwarzwald (Bild: Klaus Dapp)

Am Nachmittag kamen wir glücklich nach Freudenstadt. Da die Rezeption der Jugendherberge noch nicht offen war, genossen wir am berühmten Marktplatz in Freudenstadt eine leckere Torte.

Eckkirche am Marktplatz in Freudenstadt (Bild: Klaus Dapp)

Eckkirche am Marktplatz in Freudenstadt (Bild: Klaus Dapp)

In der Jugendherberge erwartete uns eine tobende Jugendgruppe. Nach dem Duschen gingen wir zu Fuß in die Stadt und ließen den Abend mit Zwiebelkuchen und neuem (württemberger) Wein ausklingen.

Unsere Befürchtung, dass wir in der Nacht kein Auge zumachen, erfüllte sich nicht. Wir waren lange genug unterwegs an der frischen Luft gewesen und entsprechend bettschwer.

Schwarzwald Panoramaradweg – 1. Tag: Pforzheim – Bad Wildbad (7.076 km)

Grasshopper in der Sonne am Ortsausgang von Pforzheim (Bild: Klaus Dapp)

Grasshopper in der Sonne am Ortsausgang von Pforzheim (Bild: Klaus Dapp)

Diesmal war das Wetter deutlich besser als bei unserem letzten Versuch, den Schwarzwald-Panoramaweg zu fahren. Bei strahlendem Sonnenschein fuhren wir von Pforzheim der Enz entlang nach Bad Wildbad. Wir waren voller Vorfreude auf einen Besuch der Therme.

Weg entlang der Enz (Bild: Klaus Dapp)

Weg entlang der Enz (Bild: Klaus Dapp)

Bilck auf die Enz (Bild: Klaus Dapp)

Bilck auf die Enz (Bild: Klaus Dapp)

In Bad Wildbad ließen wir unsere Räder in der Unterkunft (die dafür pro Rad drei Euro berechnete) und gingen Essen. Wohlgesättigt tummelten wir uns dann in unterschiedlich warmen Wasser und diversen Saunen. Beeindruckend war das Außenbecken mit Blick auf den Sternenhimmel aus dem warmen Wasser. Nach Schließung der Therme suchten wir noch eine offene Gaststätte und landeten schließlich in einer Bar, in der wir das Durchschnittsalter dramatisch steigerten … aber die jungen Menschen ignorierten uns und wir hatten noch einen netten Abend.

So vorbereitet hatten wir eine ruhige Nacht – auch dies ein erfreulicher Gegensatz zur letzten Fahrt.

 

Vélodyssée / Eurovelo 1 – ein Rückblick über rund 1.200 Kilometer und drei Wochen (6.874 km)

Atlantik mit Grasshopper bei Les Sables-d'Olonne (Bild: Antje Hammer)

Atlantik mit Grasshopper bei Les Sables-d’Olonne (Bild: Antje Hammer)

Ich finde es immer wieder erstaunlich, wie schnell die Zeit vergeht. Dabei war Unsere Fahrt doch schön entschleunigend. Es war eine tolle Zeit.

Bevor ich einige Rückblicke mache, hier noch einmal die Etappen:

Strecke

Ich finde es eine tolle Idee, eine solche Fernstrecke zu konzipieren. Wir haben sehr unterschiedliche Landschaften erlebt. Die Streckenführung hat mir insbesondere auf den alten Bahnlinien und entlang von Kanälen sehr gut gefallen. In anderen Abschnitten ist die Strategie, Wege mit schlechtem Belag oder Steigungen in Kauf zu nehmen um dem Autoverkehr auszuweichen teilweise fraglich. Gerade wenn viele Menschen per Rad unterwegs sind und für Reisende mit Anhängern wäre es teilweise besser, vorhandene, wenig vom Autoverkehr befahrene Straßen zu nutzen.

Fahrt auf der ehemaligen Bahntrasse nach Carhaix (Bild: Klaus Dapp)

Fahrt auf der ehemaligen Bahntrasse nach Carhaix (Bild: Klaus Dapp)

Die Strecke ist nur zum Teil asphaltiert. Bis Nantes überwiegen geschotterte Wege, die je nach Witterung ziemlich schlammig werden können. Ich habe die Familien mit Kindern bewundert, die auch dort noch begeistert mit Fahrradanhänger, Zelt und Kindern unterwegs waren.

Phantasiereiche Verkehrsführung des Radverkehrs (Bild: Klaus Dapp)

Phantasiereiche Verkehrsführung des Radverkehrs (Bild: Klaus Dapp)

Teilweise gefährlich ist die Gestaltung der Wege. Poller, Drängelgitter, der häufige Wechsel der Straßenseite von Radwegen oder die rechtwinklige Wegführung erfordern nicht nur hohe Aufmerksamkeit sonder zwingen auch zu sehr langsamen Fahren, was mit Gepäck teilweise kaum machbar ist. Die Qualität der Beschilderung schwankt sehr, so dass wir regelmäßig froh waren, dass wir den GPS-Track als Leitschnur hatten.

Reiseführer / Internetangebot

Wir nutzten die Tracks und Beschreibungen von https://www.velodyssey.com und kamen damit gut zurecht. Die kostenlos herunterladbarer Tracks habe ich als Vorbereitung jeweils an die Übernachtungen angepasst. Dabei hat die Velomap wieder gute Dienste geleistet. Weitere Informationen enthält auch das Radreise-Wiki.

Als Reiseführer hatten wir den französischsprachigen Reiseführer La Vélodyssée (Verlag hachette tourisme, ISBN 978-2-01-912491-5) dabei. Dieser enthält sehr kurze Beschreibungen der relevanten Orte, die bei besonderen Sehenswürdigkeiten etwas ausführlicher ausfallen. Leider werden diese nicht entsprechend der Fahrtroute aufgelistet sondern jeweils für einen Abschnitt alphabetisch. Das macht die Nutzung unnötig kompliziert, da jeweils von der Karte zum entsprechenden Ort geblättert werden muss. Bei den Orten werden jeweils einige Übernachtungsmöglichkeiten angegeben. Da hätten wir uns im Vorfeld Aufwand sparen können. Wir haben vor allem auf Basis der Internetrouten gesucht.

Eine detaillierte Wegbeschreibung gibt der Reiseführer nicht, die Abschnitte werden in einigen Sätzen zusammengefasst und Etappen als Kartenauszüge dargestellt. Die für die Etappen angegebenen Streckenlängen stimmen mit unseren Erfahrungen überein. Dagegen haben die Zeitangaben teilweise deutlich von unseren Erfahrungen abgewichen. Sie waren oft zu lang aber teilweise auch zu kurz angegeben. Höhenprofile fehlen, so dass oft auch nicht nachvollziehbar ist, wie die Zeiten zustande kommen. Die Schwierigkeit wird zweistufig angegeben. Bei Passagen mit Autoverkehr wird auch bei sehr geringem Autoverkehr die mittlere Schwierigkeitsstufen angegeben. Wie Steigungen einfließen ist mir bis zum Schluss nicht ganz klar geworden. Die in der Karte durch unterschiedliche Farben bzw. Strichgestaltung dargestellten Beläge stimmen weitgehend mit unseren Erfahrungen überein.

Wetter

Bis auf wenige Stunden hatten wir ideales Radfahrwetter, fast ohne „zu“ heiß / kalt / windig… Das hätte im Juli und August auch anders ausgehen können. Der Blick auf die Wetterkarte zeigte uns regelmäßig Kälte und Regen in Deutschland und Hitze in Südfrankreich. Da hatten wir richtig Glück. Der Wind, von vielen Menschen im Vorfeld thematisiert, war bis auf wenige Ausnahmen kein Problem, dann zeigt sich der Unterschied zwischen Liegerad und „Aufrechtrad“ deutlich. Im Gegensatz zu Antje konnte ich quasi unter dem Wind fahren.

Reisezeit

An so manchem Standabschnitt habe ich unsere Entscheidung, in der Hauptreisezeit zu fahren, bedauert. Es war teilweise viel zu voll und sehr anstrengend zu fahren. Auf der anderer Seite hatten alle Unterkünfte, Museen oder sonstige Sehenswürdigkeiten offen. Gleichzeitig waren die Preise – vor allem für die Unterkünfte – teilweise deutlich höher als in der Nebensaison.

Gepäck und Ausstattung

Regenkleidung im Bahnhof Morlaix (Bild: Antje Hammer)

Regenkleidung im Bahnhof Morlaix (Bild: Antje Hammer)

Wieder einmal hat es sich bewährt, täglich T-Shirt, Unterhose und Socken Abends von Hand zu waschen. Bis zum nächsten Morgen waren die Sachen wieder trocken und konnten angezogen werden. Dank der angenehmen Temperaturen hatte ich auch nur selten etwas anderes an. Bewährt haben sich auch die beiden Waschaktionen an den Ruhetagen.

Zum ersten mal hatte ich neben der Regenhose auch sogenannte Rainlegs dabei. Die wirken wie eine Schürze bis zu den Knien. In Kombination mit Gamaschen sah das zwar sehr kurios aus, war aber weit weniger schweißtreibend als die rundum geschlossene lange Regenhose. Den Regen zwischen Knie und Anfang der Gamasche empfand ich als wesentlich angenehmer als die Schwitzerei in der Regenhose.

Ganz wichtig war der Rollgabelschlüssel („Engländer“). Ohne den hätte ich keine Chance gehabt, nach dem Unfall von Antje im Wald das Kettenblatt von ihrem Rad wieder so gerade zu biegen, dass wir gut weiterfahren konnten. Das bestätigte auch unsere Erfahrungen in den letzten Jahren, bei dem wir damit unter anderem Fahrradabteile an französischen Regionalzügen öffneten oder defekte Wasserhähne reparierten.

Völlig verschätzt hatte ich mich wieder einmal bei den Energieriegeln. Da habe ich fast die Hälfte wieder zurück nach Darmstadt gefahren. Wir bevorzugen doch ein richtiges Essen

Sprache

Ohne Französisch geht es nicht. Für mich war es deshalb sehr angenehm, dass Antje alle Kommunikation erledigt hat. Das war vor allem bei der Bestellung von vegetarischen Berichten nicht immer einfach. Für mich war das ein großer Luxus. Ich hatte quasi eine Reiseleitung und kümmerte mich dann einfach um die Räder und die Strecke. Spannend war die Erfahrung, dass es in der Bretagne (fast rein) englischsprachige Übernachtungsmöglichkeiten gab – ich bin gespannt, wie sich der Brexit auswirken wird.

Reisevorbereitung

Wesentlicher Aufwand für die Reisevorbereitung war die Buchung der Unterkünfte, die Antje wegen der Hauptsaison vorab buchte. Das hat einige Stunden in Anspruch genommen. Rund acht Stunden habe ich gebraucht, um die Tracks runter zu laden und die einzelnen Tagesetappen mit den Anpassungen für die Unterkünfte zu versehen. Beides hat sich gelohnt. Wir sind gut überall angekommen und die Übernachtungen haben auch alle funktioniert. Die Vorbuchung hatte auch den Vorteil, dass wir an den regnerischen Morgen gar nicht lange überlegten, ob wir losfahren wollten.

Kombination Liegerad und Aufrechtrad

Grasshopper im Wind auf der Passage du Gois (Bild: Klaus Dapp)

Grasshopper und „Aufrechtrad“ im Wind auf der Passage du Gois (Bild: Klaus Dapp)

Bei einer gemeinsamen Fahrt mit Liegerad und Aufrechtrad müssen so einige Dinge beachtet werden, damit es Spaß macht. Beim Nebeneinanderfahren muss die Partnerin bzw. der Partner auf dem „Aufrechtrad“ lernen, dass das Liegerad immer etwas vorausfahren muss, damit beide nebeneinander sitzen – das ist nicht ganz einfach.

Auf Wegen mit viel Fußgängerverkehr sollte das Liegerad möglichst hinten fahren, oft drehen sich Menschen, die noch nie ein Liegerad gesehen haben, einfach um und laufen dann noch einige Schritte, um besser hinterherschauen zu können. Damit laufen sie dem bzw. der Folgenden direkt ins Rad. Das hört sich ziemlich blöd an, aber ich musste auch schon miterleben, dass zwei Radfahrer hinter mir ineinander gefahren und gestürzt sind, da der entgegenkommende Radfahrer nur nach mit geschaut hat und dabei die Spur wechselte.

Auf freier Strecke bietet es sich an, dass das „Aufrechtrad“ hinten fährt, dann sehen wie beim Stufentandem Pinos von Hase Beide die gesamte Landschaft, da vom Aufrechtrad aus gut über das Liegerad hinweggeschaut werden kann.

Und natürlich unterscheiden sich die Räder im Fahrverhalten. Bergab ist das Liegerad bei gleicher Kraftanstrengung schneller … und bergauf ist der Trainingsstand ganz entscheidend. Da kam ich mir am Anfang der Reise machmal wie ein nasser Sack vor… mit den Tagen spürte ich einen deutlichen Trainingseffekt. Bergab wartete ich dann einfach ab und zu.

Gesundheit / Unfall

Ein wenig überschattet wurde die Fahrt durch Antjes Unfall. Dessen echte Folge – ein (an)gebrochenes Handgelenk – erst eine Woche nach unserer Rückkehr diagnostiziert wurde. Da hat ihr Körper eine ganze Menge weggesteckt. Es bleibt zu hoffen, dass das wieder richtig zusammenheilt. Gut war, dass wir gleich eine stabile (und teure) Manschette gekauft haben und Antje die auch getragen hat. Deshalb hat sie auch keinen Gips bekommen sondern die Auflage, die Manschette Tag und Nacht zu tragen.

Wie reagieren wir darauf bei der nächsten Tour? Sicherlich hat das Vorbuchen den Effekt, weiterfahren zu wollen. Allerdings ist es sehr schwer zu unterscheiden, ob ein Handgelenk nur geprellt oder geprellt und gebrochen ist. Die Manschette sollten wir wohl mitnehmen. Auf jeden Fall war ich froh, dass wir Verbandsmaterial, Schmerzmittel und Sälbchen dabei hatten.

Gut war auch die Idee, ein Mittel gegen das Jucken bei Mückenstichen mitzunehmen. Das hat mit dazu beigetragen, dass ich meist gut geschlafen habe.

Von Erkältungen usw. blieben wir erfreulicherweise verschont.

Und zum Schluss

Ich bin ziemlich sicher, dass wir auch im nächsten Jahr eine längere Radtour machen.

 

Vélodyssée / Eurovelo 1 – Tag 24: Basel – Darmstadt (6.874 km)

Ein Beitrag ohne Fotos kommt in meinem Blog eigentlich nicht vor. Aber heute hatte ich entweder keine Zeit zu fotografieren oder wollte auf jeden Fall Aufsehen vermeiden.

Gestern habe ich intensiv versucht herauszubekommen, welche Züge denn fahren. Auf der Hinfahrt nach Basel saß ich sogar in einem IC mit Fahrradabteil, der als Ersatzzug zwischen Baden-Baden und Basel fuhr. Das würde mir das Falten ersparen. Leider konnte mir weder die Deusche Bahn noch die SBB irgendeine belastbare Auskunft geben. Also faltete ich am Morgen den Grasshopper zusammen und stellt das gute Stück in Basel an die Garderobe des Speisewagens des Ersatz ICE. Um kein Aufsehen zu erregen, machte ich lieber kein Foto sondern bestellt mir ein Kaffee.

Als ich in Baden-Baden als Endstation des Ersatzzuges dabei war, den Grasshopper wieder aufzufalten, fragte mich die Zugchefin, ob ich Aufbaue oder Abbaue und bot mir an, ein Abteil für das Rad umzuwidmen. Das hätte ich mal in Basel wissen müssen, ich habe mich nicht einmal getraut nach so etwas zu fragen, um keinen Ärger zu bekommen.

Ich versuchte erst gar nicht, mit dem Rad in einen der Busse des Schienenersatzverkehrs zu kommen. In Baden-Baden standen rund 200 Menschen und warteten auf einen Bus … ich habe nur ganz kurz überlegt ein Bild zu machen. Ich sah so schon die neidischen Blicke – immerhin konnte ich ja fahren.

Das tat ich dann auch und fuhr zügig nach Rastatt. Dort kam ich zur planmäßigen Abfahrt des Ersatz-ICE nach Karlsruhe an. Am Bahnhof herrschte ziemliches Chaos und ich sah, dass sich die Menschenmenge auf den Ersatz-ICE konzentrierte, der noch nicht da war. Auf einem anderen Gleis stand der Nahverkehrspendelzug nach Karlsruhe. Da der weitgehend leer war und entsprechend dem Ersatzfahrplan fast zur selben Zeit wie der Ersatz-ICE in Karlsruhe ankommen sollte, rannte ich mit meinem Grasshopper über die Treppen dort hin. Mit 10 Minuten Verspätung fuhren wir dann vor dem Ersatz-ICE los, der zwischenzeitlich aus Karlsruhe angekommen war – und durch den Ausstieg und Einstieg natürlich noch nicht losfahren konnte. So hatte ich sogar noch Zeit in Karlsruhe einen Kaffee zu trinken, bevor der nächste Zug mit Fahrradplätzen nach Darmstadt fuhr. Das Fahrradabteil war zwar durchreserviert, aber letztendlich kamen nur drei Radler mit. Die anderen hatten vermutlich versucht mit dem Ersatz-ICE mitzukommen. Dort sah ich auf dem Bahnsteig wilde Demontagen von Vorderrädern usw..

Glücklich kam ich in Darmstadt an und radelte die letzten Kilometer nach Hause. Damit ist unsere Fahrt gut, aber ohne ein Bild zu Ende gegangen.

Vélodyssée / Eurovelo 1 – Tag 23: Basel – Darmstadt (6.858 km)

Reisendeninfo am Badischen Bahnhof (Bild: Klaus Dapp)

Reisendeninfo am Badischen Bahnhof (Bild: Klaus Dapp)

Das war schon eine abenteuerliche Fahrt zurück nach Darmstadt. Im Internet war nicht zu recherchieren, welcher Zug fährt und von wo nach wo der Schienenersatzverkehr fährt. Ich änderte deshalb meine Reisepläne und ließ den Grasshopper in Basel zurück und fuhr schon am Morgen los. Ich war ziemlich sicher, dass der von mir gebuchte Eurocity nicht fahren würde.

Morgens stand ich dann am Badischen Bahnhof und war gespannt, welche Zug überhaupt fährt – und wohin. Ich nutze die erste Möglichkeit: ein ICE der bis Offenburg fahren sollte. Der Zugbegleiter verkündete den vielen Reisenden, denn eigentlich sollten ja zwei ICE-Züge fahren, dass es ab Offenburg einen Schienenersatzverkehr nach Karlsruhe geben würde.

Kurz vor Offenburg kam dann die Durchsage, dass der Zug weiter nach Baden-Baden fahren würde und es ab dort einen Schienenersatzverkehr nach Rastatt geben sollte. Dort herrschte dann ziemliches Chaos – ich war froh als ich in einem Bus mit einem ruhigen Busfahrer einen Stehplatz bekommen hatte. Er fuhr den knallvollen Bus ruhig durch das am Sonntag Vormittag relativ leere Baden-Baden und Rastatt. Dort wurden dann alle in einen Nahverkehrszug nach Karlsruhe verfrachtet. Ab Karlsruhe ging es dann „normal“ weiter. Statt dreieinhalb Stunden brauchte ich wegen eines verpassten Anschlusses in Frankfurt dann insgesamt fast sechs Stunden… und war froh, dass ich nicht versucht hatte, den Grasshopper mitzunehmen. Den werde ich dann wohl nachholen müssen.

… und der reservierte EC ist dann tatsächlich ausgefallen…

Vélodyssée / Eurovelo 1 – Tag 22: Bordeaux – Basel (6.858 km)

Grasshopper im Regionalzug von Bordeaux nach Rochelle (Bild: Klaus Dapp)

Grasshopper im Regionalzug von Bordeaux nach Rochelle (Bild: Klaus Dapp)

Es ist wohl ein Naturgesetz, dass Nächte vor längeren Reisen unruhig verlaufen. Erst war es warm und es herrschte gute Stimmung auf der Raucherterrasse unter unserem Zimmer, dann wollten wohl einige Mädchen noch heimlich jemanden treffen – was dank der Stöckelschuhe richtig Lärm gemacht hat. Gegen 4:30 Uhr reisten dann die ersten Gäste türenknallend ab. Trotz allem fand ich unser Zweierzimmer in der Jugendherberge gut.

Bahnhof in La Rochelle (Bild: Klaus Dapp)

Bahnhof in La Rochelle (Bild: Klaus Dapp)

Am Morgen schappten wir uns noch ein schnelles Frühstück und fuhren zum benachbarten Bahnhof. Dort warteten wir, bis das Abfahrtsgleis bekannt gegeben wurde – ich werde wohl nie verstehen, warum das nicht mit dem Fahrplan dargestellt wird sondern erst 20 Minuten vor Abfahrt, so dass viele Menschen gleichzeitig zum Zug laufen. Wir verstauten unsere Räder im Fahrradabteil. Ein netter Mountainbiker, der früher aussteigen wollte, wechselte in ein anderes Radabteil, damit wir mehr Platz hatten. Die einzige Anmerkung kam von der Zugbegleiterin, die meinte, dass nur „normale“ Räder zugelassen seien. Nach Antjes Einwand, dass „normal“ zu definieren sei und es definitiv kein Tandem oder Anhänger sei, konnten wir die Diskussion beenden. Pünktlich erreichten wir La Rochelle. Leider mussten wir dort mit den Rädern Treppensteigen.

In La Rochelle kauften wir uns Proviant für die weitere Fahrt ein und gingen Mittagessen in einem kleinen Restaurant. Der nette Koch hat Antje sogar den Fisch gezeigt und versprochen, dass kein Speck im Gemüse versteckt ist. Nach dem leckeren Essen warteten wir darauf, dass wir in unseren TGV einsteigen durften. Diesmal stand der Zug am Hausbahnsteig, so dass wir direkt einsteigen konnten.

Die Zugbegleiterin störte sich am Lenker des Grasshoppers, der wie jeder Fahrradlenker übersteht, und brachte mich auf die gute Idee, einfach den Schnellspanner zu lösen. Damit konnte ich den Lenker querstellen und damit über den Sitz drehen. Das fand sie dann perfekt. So düsten wir dann Richtung Paris los… während der Fahrt schaute ich in das Mobiltelefon in der DB Fahrplanauskunft nach den Zwischenhalten und erschrak: 60 Minuten Verspätung. Am letzten Zwischenhalt vor Paris hielten wir und es wurde erklärt, dass wegen einer Stellwerksstörung die Strecke nur eingleisig befahren werden könne. Die SNCF hatte es offensichtlich in den letzten drei Wochen nicht geschafft den Fehler zu finden. Für uns wurde es jetzt spannend, da es ab Paris keine Alternative mit Fahrrad nach Basel oder ins Elsass gab.

Mit einer guten Stunde Verspätung kamen wir in Paris Gare Montparnasse an und mussten zum Gare Lyon. Zum Glück hatten wir zwei Stunden Übergang eingeplant, wussten über welche Treppe (!) der Bahnhof per Rad am schnellsten zu verlassen ist, hatten die Strecke als Track im GPS vorbereitet und waren die Straßen wegen der Ferien und der Uhrzeit frei. So drängelten wir uns mit hunderten anderer vielbepackter Menschen und Willkommenkommitees zum Ausgang und sausten unter großzügiger Auslegung der Verkehrsregeln durch Paris. Dort sind wir nach 22 Minuten eingetroffen… und damit noch vor der Bekanntgabe des Gleises.

Zur Feier des erfolgreichen Erreichens gönnten wir uns ein Bier im TGV… und freuten uns, dass dank des „Lenkertricks“ und des großzügigen französischen Zugbegleiters noch weitere Fahrräder und zwei Kinderanhänger auch ohne Reservierung mitgenommen werden konnten. In Basel gab dann eine große Gemeinschaftsaktion und zum Schluss standen eine Mutter mit zwei Kleinkindern, Großeltern, Kinderanhänger und Hund sowie eine Familie mit Baby, zwei Fahrrädern mit Kinderanhänger und wir glücklich auf dem Bahnsteig.

Reisewarnung der SBB (Bild: Klaus Dapp)

Reisewarnung der SBB (Bild: Klaus Dapp)

Im Zug nach Paris hatte ich gelesen, dass es ein Problem auf der Bahnlinie zwischen Baden-Baden und Karlsruhe gibt. Leider machte die Deutsche Bahn keine Angabe, was eigentlich passiert war und auch am späten Abend war nicht klar, welche Züge tatsächlich fahren. Klar war nur, dass es einen Busersatzverkehr gibt… und damit war auch klar, dass ich den Grasshopper nicht mitnehmen konnte.

Mit einem Rotwein ließen wir diesen abenteuerlichen Tag zu Ende gehen.

Vélodyssée / Eurovelo 1 – Tag 21: Bordeaux (6.848 km)

Fahrradparkhaus am Bahnhof Saint-Jean (Bild: Klaus Dapp)

Fahrradparkhaus am Bahnhof Saint-Jean (Bild: Klaus Dapp)

Für den Tag hatten wir uns viel vorgenommen. Nach dem Frühstück machten wir erst einmal eine Erkundungstour um unsere Bahnreise am nächsten Morgen vorzubereiten und zu schauen, wo wir am besten mit den Rädern zum Zug kommen. Dabei schauten wir uns auch das neue Fahrradparkhaus in Bordeaux an.

Modellversuch zur Sperrung der alten Brücke für den Autoverkehr (Bild: Klaus Dapp)

Modellversuch zur Sperrung der alten Brücke für den Autoverkehr (Bild: Klaus Dapp)

Schicke Straßenbahn, die in einigen städtebeaulich besonderen Bereichen den Strom aus einer Stromschiene im Boden bekommt (Bild: Klaus Dapp)

Schicke Straßenbahn, die in einigen städtebeaulich besonderen Bereichen der Innenstadt den Strom aus einer Stromschiene im Boden bekommt (Bild: Klaus Dapp)

Da wir beide im Verkehrsbereich arbeiten, nutzten wir auch die Gelegenheit, uns einige spannende Verkehrsprojekte anzuschauen. Sicher ist nicht alles ist nachahmenswert – aber Projekte wie die Straßenbahn, die so auffällig ist, dass eigentlich gar keine Werbung mehr dafür notwendig ist und die in der Innenstadt mit Stromschienen fährt, damit eine Oberleitung nicht das Stadtbild stört, oder der Mut, eine zentrale Brücke für den Autoverkehr zu sperren, sind beeindruckend.

Aber natürlich schauten wir uns auch die vielen beeindruckendenden Gebäude der historischen Innenstadt an.

Basilika Saint-Michel (Bild: Klaus Dapp)

Basilika Saint-Michel (Bild: Klaus Dapp)

Sehr spannend war in diesem Zusammenhang eine Ausstellung über die Stadtentwicklung von Bordeaux. Auch weil Bordeaux im zweiten Weltkrieg nicht zerstört wurde, stand die Stadt in den 1960er und 70er Jahren vor dem Problem, dass die alte Bausubstanz teilweise in einem sehr schlechten Zustand war und heutigen Vorstellungen an attraktives Wohnen bereits bei der Ausstattung mit Sanitäreinrichtungen nicht ansatzweise entsprach. Es wurde dann beschlossen, den historischen Kern systematisch zu sanieren. Im Gegenzug wurde außerhalb des Bereichs auch in großem Umfang Gebäude abgerissen und durch Hochhäuser und breite Straßen ersetzt. Damit konnte erreicht werden, dass seit 2007 die Altstadt unter der Bezeichnung Historisches Zentrum von Bordeaux („Hafen des Mondes“) UNESCO-Welterbe.

Antje nutzte die Gelegenheit, um den Turm der Basikika von Saint-Michel zu besteigen. Das besondere dabei ist, dass der in einiger Entfernung von der Basikika steht. Er bietet einen Blick über die Altstadt. Ich scheute die Höhe und wollte mir die Moschee in der Innenstadt anschauen. Die hatte ich schnell gefunden, nachdem ich mich kurz gewundert habe, warum aus einem Haus lauter Männer mit Schuhen in der Hand rauskamen. Ich hatte völlig vergessen, dass es Freitag war und am Nachmittag wohl gerade ein Gottesdienst zu Ende war.

Stadthaus in der Altstadt (Bild: Klaus Dapp)

Stadthaus in der Altstadt (Bild: Klaus Dapp)

Sehr interessant war auch eine Ausstellung zu den archeologischen Funden, die im Zuge der neuen TGV-Strecke nach Bordeaux gemacht wurden. Auf einer Strecke von rund 300 Kilometern wurden zwischen Tours und Bordeaux zahlreiche Grabungen gemacht, die Zeugnisse von den Neandertalern bis in die Neuzeit erbrachten.

Mit einem guten Abendessen beendeten wir unseren letzten Tourtag … ok wir mussten noch Packen, aber das habe dann selbst ich ohne zu große Dramen hinbekommen.