Nach dem Frühstück
machten wir uns auf den Weg. Der erste Kilometer ging mit bis zu 14 Prozent
bergab an die Saône. Dann fuhren wir auf selbstständigen Radwegen durch das
Stadtgebiet entlang der Saône. Mit Ausnahme mancher fast rechtwinkliger „Kurven“
war das sehr angenehm zu fahren und gab uns die Möglichkeit, noch einmal Teile
der Stadt anzuschauen. Am Ende des Stadtgebiets bis Fontaines-sur-Saône wird
der Weg entlang von stark befahrenen Straßen geführt – diese rund fünf
Kilometer machen keinen Spaß.
Bei Fontaines-sur-Saône
wechselten wir die Seite und fuhren auf dem östlichen Ufer der Saône weiter.
Reiseräder und Rennräder begegneten uns nach dem Stadtgebiet von Lyon nicht
mehr. Das ist auch nicht verwunderlich. Der Weg ist teilweise nur eine Wegspur
im Gras und zum Großteil der Weg für die Wasserwirtschaft, meist eine
geschotterte Piste mit etlichen Schlaglöchern.
Kurz: Der Grasshopper war
voll in seinem Element. Ich hopste über die Löcher und war einmal wieder von
der Federung begeistert. Im Gegensatz zur Herzallerliebsten auf ihrem Reiserad
hatte ich keine belasteten Handgelenke und auch der wieder einsetzende Gegenwind
betraf mich nicht so stark. Trotzdem habe ich mich gefreut als wir am
Nachmittag ohne Schäden an uns und den Rädern angekommen sind.
Die Landschaft
unterscheidet sich deutlich von der Rhône. Sie wirkt weiter und die Hügel auf
der Seite niedriger. Schade, dass das Fahren ziemlich viel Konzentration
erfordert. Den Abend beendeten wir mit einem dekadenten ausgiebigen
französischen Essen einschließlich leckerem Nachtisch und gutem Wein.
Den Ruhetag hatten wir gut ausgewählt. In Lyon gibt es wirklich sehr viel zu sehen und bei knapp 35 Grad bieten sich Besuche im klimatisierten Museen geradezu an. Nach einem gemütlichen Frühstück im Garten machten wir uns mit der Standseilbahn auf in dem Weg in die Stadt. Zuerst besuchten wir die Markthalle und schauten uns Köstlichkeiten an. Die Gastronomie Lyons ist in Frankreich besonders berühmt. Spannend dabei ist die Entwicklung dahin. Während in den letzten Jahrzehnten vor allem von Köchen die Rede war, entstand die Restaurant-Kultur dadurch, dass nach dem verlorenen Krieg 1870/71 die weiblichen Hausangestellten des Bürgertums entlassen wurden und sich mit kleinen Kneipen vor allem für die Arbeiter selbstständig machen. Viele bekannte Köche Frankreichs haben ihre Lehrzeit bei diesen Frauen verbracht.
Danach besuchten wir das
Stadtmuseum und das Puppenspielmuseum, denn in Lyon wurde der französische
Kaspar erfunden. Die Dame an der Eingangskontrolle war etwas irritiert als wir
aus die Frage, mit was wir starten wollen, mit „Mittagessen“ antworteten. Aber
das Museum hat einen schönen Garten, in dem wir ein leckeres Mittagessen
bekamen und uns mit einem Kaffee wieder wach machten. So gestärkt schauten wir
uns die Stadtgeschichte von Lyon an und die Erfindung des Kaspers und der
Puppenspiele in Frankreich. Dabei hatten wir viel Spaß.
Danach schauten wir uns
den „Ökotunnel“ an. Neben einem Autotunnel wurde 2013 eine zweite Tunnelröhre
als Fluchtweg errichtet. Dieser 1,7 km lange Tunnel ist dem Rad- und Fußverkehr
sowie einer Buslinie vorbehalten. Damit keine Angsträume entstehen ist der
Tunnel nicht nur beleuchtet. An seine Wände wird eine Videoanimation
projiziert. Das ist schon sehr spannend. Da der Tunnel auch eine wichtige
Verbindung innerhalb Lyons darstellt und gut in das Radnetz eingebunden ist,
ist es kein Wunder, dass hier mehr als 2000 Radfahrende pro Tag unterwegs sind.
Den Abschluss unseres Stadtbummels bildete eine Fahrt mit der zweiten Standseilbahn zur Wallfahrtskirche Notre-Dame de Fourvière auf dem Fourvière-Hügel. Von dort ist ein guter Überblick über die Stadt möglich. Mit einem Abendessen im Freien bei lustiger Musik einer Gruppe älterer Männer schlossen wir den Tag.
In unserer Unterkunft angekommen hatte ich endlich einmal die Gelegenheit in Katzenbild für einen Liegeradblog zu machen … Kater Pascha hatte es sich wieder auf dem Sitz des Grasshoppers gemütlich gemacht und das obwohl ich als Schutz gegen die Sonne die Regenhülle aufgezogen hatte. Am Ankunftstag sprang er gleich auf den Sitz und leckte freudig den Schweiß ab.
Mit einem Gläschen Rose
machte ich mich endlich daran, die letzten beiden Tage in Textform zu bringen.
Anfahren am Berg – oder besser von der Sprungschanze, so kam mir das am Morgen vor. Wir sausten hinunter ins Tal und unterquerten das Eisenbahnviadukt in Serrières. Auf der Rhône-Brücke und die ersten paar hundert Meter danach kamen wir in den Berufsverkehrs, was ziemlich unangenehm war. Dann bogen wir auf Wirtschaftswege und auf den ViaRhona-Radweg ab.
Dank des kaum noch vorhandenen Gegenwindes kamen wir gut voran und trafen rechtzeitig zum Mittagessen in Vienne ein. In der klassischen französischen Mittagspause schauten wir uns ein wenig die Stadt an. Vom römischen Theater bis zur historischen Altstadt lässt sich auch mit wenig Zeit viel sehen.
Danach ging es weiter auf selbstständigen Radwegen bis nach Givors. Die Wegführung ab Givors ist – vorsichtig gesagt – spaßbefreit. Oft nur auf einem schmalen „Schutzstreifen“ führen die letzten rund 30 Kilometer nach Lyon oft mit viel LKW-Verkehr. In Lyon selber mussten wir nach St. Just. Dieses Stadtviertel liegt oberhalb der Altstadt von Lyon. An der entscheidenden Kreuzung begegneten uns aus zwei Richtungen zwei Liegedreiräder und ein Pino-Tandem. Die kamen so überraschend, dass ich noch nicht mal richtig winken oder ein Foto machen konnte.
Die Verbindung ist so steil, dass dort eine Standseilbahn als Aufzug fährt und die rund 100 Höhenmeter überwindet. Wir wollten uns die Auffahrt deshalb mit einem geringeren und dafür längeren Anstieg erleichtern. Trotzdem eierten wir bei über 30 Grad mühsam auf dem Gehweg den Berg hoch und waren froh, als wir endlich den höchsten Punkt erreicht hatten. Am Ziel angekommen freuten wir uns sehr über die Dusche.
Nach einer Pause machten wir uns auf den Weg, um einen Waschsalon zu suchen. Den fanden wir gleich um die Ecke und so konnten wir gemütlich bei einem leckeren Abendessen im Park über Lyon sitzen und nebenan wurde unsere Wäsche wieder sauber. Mit einer Flasche kühlem Rosé ließen wir den Abend ausklingen.
So langsam klappt die
Packroutine. Nach Toast mit Marmelade wollten wir uns zügig auf den Weg machen
… aber da hatten wir die Rechnung ohne Bruno und die anderen Gäste gemacht.
Bruno bestand auf einem Foto vor der Velogîte und die anderen Gäste wollten
sehen, wie ich mit dem Liegerad starte. Wir hatten unseren Spaß.
Nachdem wir Valence
verlassen hatten, kamen wir auf den sehr angenehmen Wegen entlang der Rhône gut
voran. Der Gegenwind ging immer mehr zurück und gegen Nachmittag spürten wir
nur noch den normalen Fahrtwind … ein ganz neues Gefühl.
In Tain l‘Hermitage
wollten wir uns die Innenstadt anschauen. Obwohl die Herzallerliebste am Abend
noch vorgelesen hatte, dass es eine spezielle Brücke für den Fuß- und
Radverkehr gibt, haben wir die Hauptstraße für den Autoverkehr genommen. Ein
blöder Fehler, da kurz vor Mittag ein dichter Verkehr mit vielen LKW herrschte.
Wir waren froh, als wir endlich die verkehrsberuhigte Uferstraße erreicht
hatten. Danach besorgten wir uns beim Traiteur (ein Feinkostladen mit
selbstgemachte Pasteten usw.) Tartes und beim benachbarten Bäcker noch ein
Baguette. Die Bäckerin überraschte uns beim Bezahlen. Als mir die
Herzallerliebste übersetzte meinte Sie „richtig“. Es stellte sich im Gespräch
hinaus, dass sie einige Jahre als Bäckerin in Biberach gearbeitet hat.
Durch den „fehlenden“
Gegenwind kamen wir so gut voran, dass wir sogar noch eine zweite Mittagspause
mit Mittagsschläfchen einlegten, um nicht zu früh anzukommen. Danach fuhren wir
mit neuer Energie weiter. Auf dem Weg kam uns ein mindestens genau so bepackter
Liegeradfahrer (Kurzlieger mit Obenlenker) entgegen und grüßte freudig.
Kurz vor unserem Ziel
nutzte ich die Chance und schmierte die Kette neu. Bei der großen Wärme hält
das Schmiermittel (S100) nicht sehr lange. Die letzten beiden Kilometer nach
Serrières waren ziemlich anstrengend. Bei der Querung der Rhône kamen wir in
den Feierabendverkehr und mussten uns durch den Stau mit vielen LKW schlängeln.
Dann mussten wir den steilen Weg in den Ort hinaufstrampeln. Die herzliche Aufnahme
im Quartier, das leckere Abendessen und der Blick ins Tal am Abend
entschädigten uns dafür. So kann ich diese Zeilen mit Blick über das Tal der
Rhône schreiben… und selbst vom Bett aus ist der Blick grandios.
Nach einem üppigen
Frühstück brachen wir nach Montélimar auf. Diesmal deutlich einfacher an dem
Jabron, einem Zufluss der Rhone entlang und damit gemütlich leicht bergab.
Schon bald erreichten wir den Rhone-Radweg wieder. Es macht wirklich Spaß auf
diesem toll ausgebauten Wegen zu fahren. Ab und an nerven ein paar enge
Drängelgitter oder Pfosten. Nach dem Unfall im letzten Jahr fuhren wir beide
immer sehr vorsichtig. Trotzdem habe ich mir fast den Spiegel abgefahren und
die Herzallerliebste ist auch einmal mit der Tasche hängen geblieben.
An einigen Stellen ist
schon ein Radweg angelegt, der noch nicht einmal im offiziellen GPS-Track
enthalten ist. Das waren immer positive Überraschungen. Besonders beeindruckend
war der Blick auf die Festung von Rochemaure aus dem 12. Jahrhundert und die
Brücke über die Rhone. Diese wurde 2013 für den Radverkehr als Hängebrücke
(Passarelle himalayenne) innerhalb der alten Brücke neu gebaut.
Mit dazu gehört in
Frankreich bei einer Fahrt an einem großen Fluss natürlich auch der Blick auf
ein Atomkraftwerk. Es ist wirklich erschreckend wie einseitig die
Energiepolitik noch immer ausgerichtet ist. Die Mittagspause konnten wir an
einem speziell für Radtouristen eingerichteten Rastplatz machen. Oft führte die
Fahrt durch Obstplantagen. Als Kompromiss mit den Bauern hat sich das
Departement wohl verpflichtet Zäune und Verbotsschilder gegen die diebischen
Radreisenden auszustellen…
Trotz der schönen
Landschaft und den meistens sehr guten Wegen waren wir froh, als wir am
Nachmittag unsere Unterkunft in Valence erreichten. Der fast durchgehende
Gegenwind des Mistral mit Böen bis zu 60 km/h war doch ziemlich anstrengend
gewesen.
Gemütlich spazierten wir
durch die Innenstadt von Valence und suchten uns eine Gaststätte für das Abendessen.
Zurück in der Unterkunft konnte die Herzallerliebste vor anderen Radfahrenden
noch freudig mit unseren Touren der letzten Jahre angeben und von unserer
heldenhaften Fahrt gegen den Wind berichten. Der Betreiber des Radhotels war
ein bisschen neidisch, dass wir so viel rumkamen. Die anderen Gäste waren
beeindruckt, dass wir noch bis nach Straßburg weiterfahren wollen.
Nach einem leckeren Frühstück mit diversen Marmeladen machten wir uns auf. 25 Grad am Morgen und kräftiger Gegenwind waren eine echte Herausforderung. Selbst auf dem Liegerad spürte ich den Gegenwind, der uns laut Wetterbericht mit 60-70 km/h entgegenblies. Die Herzallerliebste freute sich über jede Hecke und jeden Deich, der uns Windschatten bot.
Auf kleinen Sträßchen und
Wirtschaftswegen fuhren wir – und viele andere Radfahrende – durch die
Rhone-Ebene. Die meisten Radfahrenden kamen uns mit Wind und Fluss entgegen.
Neben den an Sonntagen in Frankreich üblichen Rennradgruppen war auch auch ein
große Zahl von Reiseradlern mit teilweise Unmengen an Gepäck unterwegs.
Mittags erreichten wir
Bourg St. Andeol. Ein kleines Dorf in dem wir einkauften und gemütlich Essen
gegangen sind. Im Freien war es nicht ganz einfach, dass der Salat auch auf dem
Teller blieb. Mit einem guten Kaffee bereiteten wir uns auf den nächsten Teil
der Etappe vor. Häufig führen wir an der Rhone bzw. einem Seitenkanal entlang.
Beeindruckend waren dabei auch die Brücken und die großen Wasserkraftwerke zur
Elektrizitätserzeugung.
In Montélimar besuchten
wir das Nougat-Museum. Witzig war die enge Verbundenheit der Nougatherstellung
mit den Verkehrswegen in Montélimar. Der erste Boom kam mit der Eisenbahn. Die
Hersteller bzw. Händler verkauften einen großen Teil der Produktion bei den
Halten den Züge in Montélimar direkt in die Wagen. Dementsprechend waren die
Hersteller auch am Bahnhof angesiedelt. Später waren die Staus auf der
Nationalstraße 7 ein wichtiger Faktor für den Verkauf. Die Staus waren
teilweise so drastisch, dass die Reisenden ausstiegen und sich mit Nougat
eindeckten. Mit dem Bau der Autobahn entfiel diese Verkaufsmöglichkeit und
etliche Hersteller schlossen. Erst mit dem Bau von Verkaufsräumen an der
Autobahn verbesserte sich die Situation.
Nach einer Fahrt durch
ein großes Gewerbegebiet durchquerten wir die verwinkelte Altstadt von
Montélimar und erreichten über einige steile Hügel schließlich Montboucher sur
Jabron. Dort wurden wir herzlich empfangen und in das Zimmer und die Nutzung
des Pools eingewiesen. Bei rund 30 Grad war das eine willkommene Erfrischung.
Auf der gemütlichen Terrasse ließen wir den Tag mit einem leckeren Abendessen
ausklingen.
Die Packroutine am Morgen
verlief noch etwas zäh, trotzdem schafften wir es, zügig aufzubrechen. Wir
genossen den Sommermorgen bei einem kleinen Frühstück in einem benachbarten
Café.
Danach fuhren wir auf dem
provisorischen Rhone-Radweg Richtung Norden aus Avignon hinaus. Ich hatte schon
bei der Planung das Gejammer über den Weg aus Avignon hinaus nicht ganz
verstanden. Der Bikeline Führer (Auflage 2017) hat mit der Bemerkung „in
Pont-Saint-Esprit ist es dann vorerst mal vorbei mit den Radwegen“ eine Alternativroute
östlich der Rhone beschrieben. Mir hat – mit Ausnahme der Drängelgitter – der
Weg gut gefallen. Ein Großteil wird als reiner Radweg geführt, ein weiterer
Teil auf Nebenstraßen meist in Wohngebieten und nur ein kleiner Teil verläuft
auf befahrenen Straßen oder nicht ganz so schön durch Gewerbegebiete.
Unser erstes Zwischenziel
war Châteauneuf-du-Pape. Die alte Burganlage liegt beeindruckend über den
Weinbergen. Wir bogen vom offiziellen Weg ab, um uns die Burganlage
anzuschauen. Leider wurde sie nicht nur ein Opfer diverser Religionskriege
sonder auch der deutschen Wehrmacht. Die 1944 einen großen Teil der
verbliebenen Anlage sprengte. In den 1960er Jahren wurde durch die Kommune ein
Teil wieder hergestellt.
Danach fuhren wir weiter
über Wirtschaftswege durch die berühmten Weinberge und vergleichsweise
unbefahrene Straßen nach Orange. Am Eingang zur Altstadt hatte ich ein nettes
Missverständnis mit einem Polizisten, der das Einfahrtsverbot für Autos in die
Innenstadt überwachte. Er wollte mich darauf hinweisen, dass Markt war – und
wie wir später erfahren haben ein spezieller Mittelaltermarkt – und er in Sorge
war, ob ich mit meinem Gefährt in der Lage war, das Gleichgewicht halten könne.
Ich dachte er wäre von meinem Rad angetan und interpretierte seine Gesten als
das Handreichen zur Begrüßung … Wir durften dann vorsichtig in die Innenstadt
rollen. Was angesichts der Menschenmenge nicht einfach war.
Am großen römischen Theater stellten wir dann die Räder einfach ab und besichtigten den beeindruckenden Bau. Gestärkt durch einen Kaffee machten wir uns auf den Weg zu unserer Unterkunft. Dabei fuhren wir auf Nebenstraßen und kamen gut voran. Wir waren überrascht, wie gut beschildert der Weg ist.
Bei der Querung des
Flüsschens l‘Eygues hatte ich Glück, dass das Geländer so niedrig ist. So
konnte ich mich mit einer Hand festhalten und vorsichtig über die weniger als
einen Meter breite Brücke fahren. Das habe ich mit nur einer kleinen Berührung
des Außenspiegels hinbekommen. Schieben wäre viel anstrengender geworden.
Ziemlich früh kamen wir bei unserer Unterkunft an, wo uns die Tochter des Hauses in Empfang nahm. Durch die knapp 30 Grad waren wir trotz der vergleichsweise kurzen Strecke ziemlich müde und klebrig. So ruhten wir uns nach der Dusche und der täglichen Waschroutine erst einmal aus. Am späteren Nachmittag begrüßte uns die Hausherrin mit Bisous (Küsschen). Danach mussten wir uns nur noch mental auf das Abendessen vor Ort vorbereiten. Wie gut, dass Antje das gebucht hatte.
Uns erwartete ein mehrgängiges
Menü und ich war wirklich froh, dass ich danach nur noch ins Bett gehen musste
… mit dem Abnehmen wird das so sicher nichts.
Vor fünf Uhr aufstehen ist eine Herausforderung, die wir mit etwas Mühe gemeistert haben. Die erste spannende Frage war, wie sich der Grasshopper und die ICN (N für Neigetechnik)-Züge der SBB miteinander vertragen. Es ist vorgesehen, dass die Räder eingehängt werden. Da wir genug Zeit hatten war ich gerade dabei zu versuchen, den Grasshopper rückwärts einzuhängen, als der Lokführer dazukam. Der fand das Rad klasse, und half mir beim Einhängen. Er war überrascht als ich ihm sagte, dass ich das Rad notfalls auch falten kann. Nach einem netten Gespräch wie angenehm doch Radfahren im Alltag sein und dass Autofahren in der Stadt ja keinen Sinn macht, gingen wir auseinander.
Das nächste Abenteuer war
der Umstieg in Biel. Eigentlich wäre das Fahrradabteil genau gegenüber am
Bahnsteig gewesen und die sechs Minuten Umsteigezeit hätten gut gereicht. Aber
auch bei der SBB treten technische Defekte auf. Deshalb kamen wir an einem
anderen Bahnsteig an und mussten vom Fahrradabteil am Zugende mit den Rädern
zur Unterführung rennen und dann am nächsten Zug wieder zurück. Den sportlichen
Anteil der Reise hatten wir damit hinter uns. Weiter ging es nach Genf.
Dort konnten wir in einen
französischen Regionalzug umsteigen und hatten das Radabteil und ein riesiges
Gepäckabteil, das wohl einmal ein Barabteil war, für uns. Die große
Überraschung kam in Valence. Dan Digitalisierung konnte ich in der DB App
verfolgen, wie der Zug, in den wir umsteigen wollten näher kam. Nur dass der
heute gar nicht weiterfuhr, zeigte die App nicht an. So nahmen wir den nächsten
Zug, der natürlich entsprechend voll war.
Mit einer Gruppe
holländischer Rennradfahrer, die mit Fahrradtasche, Fahrrad und Rollkoffer
unterwegs waren, einem sichtlich überforderten deutschen Rentnerpärchen und
zwei französischen Radfahrenden war das Radabteil eigentlich übervoll, aber das
Zugpersonal und die Mitreisenden tolerierten das Chaos und akzeptierten, dass
die Räder nicht an den Haken aufgehängt werden, was bei dem engen Abstand zur
Decke vermutlich nicht gegangen wäre.
Wir waren froh, als wir in Avignon ankamen und schnell
unser Hotel fanden. Danach machten wir uns zur Fuß auf in die schöne Altstadt,
zur berühmten Brücke und zum Papstpalast. Nach einem sehr leckeren Essen gingen
wir zurück zu unserer Unterkunft. Ich erledigte schnell die Kleiderwaschroutine
und mit einem kleinen Pastis ließen wir den Tag ausklingen.
Eine Reise mit dem großen deutschen nationalen Mobilitätsdienstleister ist immer eine Herausforderung – vor allem wenn ein Fahrrad mit soll. Aber was soll schon passieren, wenn zwei Monate vorher die Plätze reserviert sind und in den Tagen vorher die Verbindung regelmäßig funktioniert hat … am Mittag endete mein letzter Arbeitstermin zum Glück früher als geplant. Am Darmstädter Hauptbahnhof schaute ich in die DB-App und erschrak: Fahrradmitnahme gegebenenfalls nicht möglich stand da. Das war mir zu unsicher. Also suchte ich eine Nahverkehrsverbindung und fuhr zweieinhalb Stunden früher los als geplant. Der erste Zug war noch nicht so voll, da um 16:30 Uhr noch nicht der volle Feierabendverkehr ist. Beim Umsteigen in Heidelberg kam dann alles zusammen. Großes Gedränge am Bahnsteig und nur ein statt zwei Triebzüge. Zum Glück hatte ich noch Zeitreserven und konnte den nächsten Zug nehmen. Der hatte dann nur 15 Minuten Verspätung, so dass ich für den Umstieg noch genug Zeit hatte.
Im nächsten IC gönnte ich mir dann ein kühles Radler und machte mich an die Texte über die Tage 0 und 1 unserer Reise. In Basel holte mich die Herzallerliebste vom Bahnhof ab und geleitete mich sicher zu ihr. Dann ging es schnell ins Bett, denn am nächsten Morgen müssen wir um 6:00 Uhr am Bahnhof Basel SBB sein.
Fazit: Es ist schon deprimierend, dass die Qualität im Fernverkehr der Deutschen Bahn so schlecht ist. Statt geplanten knapp vier Stunden war ich sechseinhalb Stunden unterwegs. Ich bin gespannt, wie es Morgen weitergeht.
Eigentlich war alles klar. Beim letzten Urlaub haben wir in Bordeaux die Véloroute des Deux Mers vom Atlantik zum Mittelmeer gesehen und beschlossen, dass das sicher sehr spannend ist. Im Frühjahr begannen wir mit ersten Vorbereitungen als uns die Nachricht erreichte, dass die französische Staatsbahn SNCF die Mitnahme von Fahrrädern in den TGV-Zügen zwischen Basel bzw. Straßburg und Paris pünktlich zu Beginn der Fahrradsaison eingestellt hat. Aus den vier Klappsitzen wird jetzt ein Businessabteil. Als Alternative verweist die SNCF auf den Nahverkehr … aus statt rund drei Stunden hätte das nach Paris acht Stunden gedauert und wäre mit mehrfachem Umsteigen verbunden gewesen. Darüber hinaus kann im Nahverkehr nicht reserviert werden. Mit etwas Pech würde sich die Reise schnell um weitere Stunden verlängern.
Nicht nur wir haben uns darüber sehr geärgert. In Frankreich gab es sogar eine Petition, bei der schnell Tausende Radfahrende unterschrieben haben. Aber offensichtlich braucht es erst brennende Barrikaden.
Also planten wir um und beschlossen die Zugfahrt in Frankreich so kurz wie möglich zu halten und möglichst mit dem Rad komplett zurückzufahren. Nach etwas Recherche war klar, dass wir halbwegs erträglich bis nach Avignon kommen. Dann bastelten wir die Radroute zusammen. Damit nichts schiefgeht, habe ich gleich die Fahrradreservierung in Deutschland gemacht und Antje hat die Fahrkarten und Reservierungen in der Schweiz und Frankreich besorgt.
Dann machten uns die französischen Gewerkschaften im Kampf für die Privilegien der Eisenbahner Kummer. Glücklicherweise müssen Streiks frühzeitig angekündigt werden. Mein Vorgesetzter schaute zwar etwas überrascht, als ich um eine Verlängerung meines Urlaubs wegen Streiks in Frankreich bat, hatte dann aber volles Verständnis und zugestimmt.
Da die Strecke kein durchgehender Radweg ist, musste ich den Track aus verschiedenen Quellen zusammenbauen: Via Rhôna, Tour de Bourgogne, Eurovelo 5 und 6 und der V50 sowie der V52.
Danach reservierte die Herzallerliebste die Quartiere und ich passte dann die Tracks für die einzelnen Tage an. Wenn alles gut läuft, kommen wir so direkt zum Quartier. Beeindruckt hat mich dabei die auch im Luftbild erkennbare Fahrradinfrastruktur in den Städten. Die grünen Streifen und Fahrradpiktogramme sind oft sehr gut zu erkennen. Ich bin gespannt, wie gut wir die Auswahl vor Ort finden. Mit diesen Vorbereitungen verbrachten wir jeweils rund 15 Stunden – ganz schön viel für drei Wochen Urlaub.