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Eine Runde (Gras-)Hüpfen

Ich auf dem Leihgrasshopper

Ich auf dem Leihgrasshopper (Bild: Alexandra Selz)

Etliche Gedankengänge nach meinem Urlaub und der Testfahrt mit dem Scorpion hatte ich Einiges für mich klarer. Ein schnelles E-Liegedreirad war für mich eigentlich unsinnig, denn ich wollte ja ein Rad, das auch einen gewissen Trainingseffekt hat. Außerdem musste ich leider feststellen, dass Radfahren in Darmstadt sowieso schon oft an die Spaßgrenze stößt, sich aber mit einem Liegedreirad etliche mir wichtige innerstädtische und regionale Verbindungen entweder nicht fahren lassen, weil sie zu schmal sind oder aus Waldwegen bestehen, die mit einem einspurigen Fahrzeug besser zu befahren sind. Dass im Außenbereich wichtige Radwege nicht genutzt werden dürfen ist ein weiteres Problem … auch wenn ich mich darüber vermutlich hinwegsetzen würde, da auf Bundes- oder Landstraßen mit parallel verlaufenden Radweg das Risiko, über den Haufen gefahren zu werden, einfach zu groß ist.

Dazu kam leider noch das Problem des Abstellens. Ein Liegedreirad in den Fahrradkeller zu zerren funktioniert leider nicht und eine adäquate Abstellmöglichkeit ebenerdig habe ich leider nicht. Mein Versuch, auf meinem Stellplatz eine überdachte Abstellanlage zu bauen, scheitert leider an der ablehnenden Haltung der Stadt Darmstadt. Diese ist der Meinung, dass ich meinen PKW-Stellplatz immer verfügbar haben muss. Eine entsprechende Lösung auf dem Gemeinschaftsbereich des Grundstücks ist leider am nicht erzielbaren Einvernehmen aller Miteigentümer gescheitert. Es sind manchmal die banalen Dinge, an denen gute Ideen scheitern.

Jetzt stand also wieder die Frage im Raum, ob ich das Ostrad saniere oder ein neues Rad anschaffe. Da Fahrrad Claus nur einen Grasshopper mit Obenlenker zum Ausleihen hat, habe ich mir bei Mainvelo in Frankfurt einen Grasshopper mit Untenlenkung gemietet. Ich bin dann meinem GPS durch Frankfurt gefolgt … und habe lernen müssen, dass es da auch Hügel gibt. Außerdem musste ich feststellen, dass Radfahren in Frankfurt deutlich unangenehmer ist als in Darmstadt. Ich bin auf diversen engen und übersichtlichen Gehweg-Fahrradwege langgeeiert … und stand dann auf der Hauptstraße in Langen im Stop-and-go Berufsverkehr. Aber abgesehen davon konnte ich schon feststellen, dass der Grasshopper ein solides Rad ist, dass sich gut fahren lässt. Diesmal habe ich auch an ausreichende Getränke und zugehörige Trinkpausen gedacht. So kam ich dann Abends ziemlich begeistert in Darmstadt an. Und auch die Kellertreppe war nicht unüberwindbar, wenn auch ein ziemliches Gezerre.

Am nächsten Tag habe ich mir dann doch etwas mehr Gedanken über die Fahrtroute gemacht und bin am Flughafen vorbei auf den Nidda-Radweg gefahren und von dort dann zu Mainvelo zurückgefahren. Dort habe ich brav meine Miete bezahlt und bin dann mit der S-Bahn zurück nach Darmstadt gefahren.

Zwei angenehme Liegeradtage waren vorbei … jetzt musste ich zu einer Entscheidung kommen, denn die beste Zeit ein Rad zu kaufen ist nach der Eurobike und vor der neuen Saison. Da haben alle Läden und Hersteller Zeit … und die neuen Preise gelten noch nicht.

Eurobike 2014

Der Unterschied zur SPEZI ist schon enorm. Die Stände sind geschniegelt und bei den Modeschauen zeigen durchtrainierte hochsportliche Menschen Kleidungsstücke, in denen mindestens 75 Prozent der Radfahrenden eher wie eine Presswurst aussehen. Die Fahrräder werden eher wie Autos präsentiert … es ist halt vor allem eine Verkaufsmesse für den Handel.

Ebenso wie bei der Spezi standen auch hier E-Bikes im Mittelpunkt. Was da teilweise zusammengenagelt wird, ist schon erstaunlich. Da werden brutal schwere Rahmen so gestaltet, dass durch eine vollständig aufrechte Sitzhaltung auch die Windwiderstand maximal ist … und um den Preis zu drücken, werden dann Felgenbremsen hingeschraubt, so dass abzusehen ist, dass die Felgen schnell durchgebremst sind. Dann gibt es noch die Kombination aus Ultra-Leichtbau und kiloschweren Akkus, die mich auch nicht überzeugten. Aber es gab auch ein paar vernünftige Konzepte … da werde ich wohl in ein paar Jahren darüber nachdenken müssen. Blöd nur, dass es nicht gelungen ist, mit der Hausgemeinschaft ebenerdige vernünftige Fahrradabstellmöglichkeiten zu schaffen.

Zurück zur Messe: Ich kam mir mit meinen Wanderstiefeln und meiner mit Hosenträgern festgehaltenen Wanderhose teilweise schon etwas deplatziert vor. Aber das war natürlich auch ein guter Test, ob Hersteller an ihren, wenn auch teilweise etwas merkwürdigen, Kunden interessiert sind. Und die Unterschiede waren schon erstaunlich. Wirklich gut behandelt wurde ich bei Haase (Liegeräder), Deuter (Taschen) und HP-Velotechnik. Bei HP-Velotechnik habe ich mir noch einmal die Unterschiede und Anwendungszwecke der einzelnen Liege- und Liegedreiradlinien erklären lassen. Das war noch einmal sehr hilfreich, um meine Gedanken nach der Testfahrt mit dem E-Scorpion und in den Tagen danach etwas zu sortieren. Und ich habe mir noch einmal kritisch die einspurigen Liegeräder angeschaut.

Nun hatte ich noch mehr zu denken … welch ein Luxusproblem: Sollte ich im Zuge der Nachhaltigkeit doch das Ostrad sanieren (lassen) oder doch ein Neues kaufen. Nach einigen Stunden gucken, reden und über polierte Fahrradrahmen streicheln bin ich dann noch kurz zum Testparcours für Liegeräder des HPV Vereins gegangen. Eigentlich wollte ich nur schauen … aber dann war gerade Nichts los und schon saß ich auf einer Streetmachine. Wanderstiefel sind wohl das ungünstigste Schuhwerk, um Liegeräder zu fahren, da die Füße ja auf den Pedalen gehalten werden müssen. Das ist mit schweren Wanderstiefeln eine echte Herausforderung. Zur gegenprobe bin ich dann noch eine Runde auf den Grasshopper gestiegen. Eigentlich wollte ich nur schauen, wie groß der Unterschied zwischen Streetmachine und Ostrad wohl ist – da musste ich feststellen, dass der Unterschied zwischen Grasshopper und Ostrad doch deutlicher ist, als ich mir das so gedacht habe. Obwohl die Unterschiede bei Radstand und Sitzhöhe nicht so groß sind, fuhr sich der Grasshopper trotz Wanderschuhen deutlich direkter. Besonders hat mir der Bodylink Schalensitz gefallen. Dadurch dass im Gegensatz zum Netzsitz wie beim Ostrad nur der Bereich der Wirbelsäule aufliegt, ist der Schwitzbereich eben auch auf diesen Bereich beschränkt und der restliche Rücken kann „abdampfen“. Außerdem kann das linke Knie nicht in Kontakt zur Lenkung kommen, da diese beim Grasshopper seitlich an die Gabel übertragen wird und nicht wie beim Ostrad oben an der Gabel. Das bedeutet allerdings auch, dass etliche Teile am Grasshopper Spezialteile sind. Und eigentlich bin ich ein Freund von Standardteilen, die sich einfach wieder beschaffen lassen.