Archiv der Kategorie: Ostrad Presto

Abschied vom Ostrad – letzte (gemeinsame) Fahrt

Ostrad im Darmstädter Hauptbahnhof

Letzte Fahrt mit dem Ostrad am Darmstädter Hauptbahnhof (Bild: Klaus Dapp)

Und dann bin ich doch wehmütig geworden. Da habe ich das Ostrad noch einmal aufgepumpt, Alle Ersatzteile und den Streamer an den Sitz geschnürt und habe auf dem Weg zum Bahnhof noch einmal die Federung genossen. Es ist einfach das Sofa unter den Liegerädern.

Aber ich bin doch froh, dass sich noch jemand gefunden hat, der Zeit, Werkstatt und Energie hat, dem Ostrad wieder Leben einzuhauchen. Deshalb bin ich an diesem Märzmorgen früh gestartet, um nach Uelzen zu fahren und das Rad zu übergeben.

Die Deutsche Bahn ist leider wieder ihrem schlechten Ruf gerecht geworden … die Abreise scheiterte erst einmal daran, dass der Zug – in dem ich einen Platz für das Rad reserviert hatte – ohne Fahrradwagen nach Darmstadt kam. Aber offensichtlich lohnt es sich manchmal, die kalte Wut nicht direkt loszuwerden. Das Team im Servicecenter hat sich wirklich um mich gekümmert und bei der Transportleitung überprüfen lassen, ob im Zug zwei Stunden später ein Fahrradplatz vorhanden ist. Nachdem das geklärt war, habe ich dann zwei Stunden im Reisezentrum verbracht … und sogar einen Kaffee bekommen. Wie gut, dass ich den aktuellen Brenner-Krimi von Wolf Haas dabei hatte. Brennerova ist wieder ein richtiger Kracher.

Ostrad im Fahrradabteil

Ostrad im Fahrradabteil (Bild: Klaus Dapp)

Dann ging es endlich los. Die Übergabe war für den Bahnhof Uelzen geplant und nach einer kurzen Diskussion, ob das Rad im fast leeren Fahrradabteil einfach quer hingestellt werden kann, kam ich dort auch gut an. Nachdem ich es mit zwei Gurten festgebunden habe, waren alle Bedenken zerstreut.

Und ich glaube jetzt, ich habe das Rad wirklich in gute Hände gegeben. Die neue Besitzerin war schon begeistert, dass es ohne Probleme ins Auto gepasst hat. Und ich habe von ihr auf der Weiterfahrt auch schon eine SMS bekommen, dass es sich gut fährt … und ich wünsche, dass es das noch lange tut. Dann habe ich wenigstens kein schlechtes Gewissen, dass ich es nicht selber wieder renoviert habe.

Hundertwasserbahnhof Uelzen

Hundertwasserbahnhof Uelzen (Bild: Klaus Dapp)

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Aller (Neu-)Anfang ist schwer (86km)

Da habe ich schon versucht, in den letzten Monaten mit dem Ostrad zu trainieren, damit ich einigermaßen fit bin und die für das Liegeradfahren notwendigen Muskelgruppen wieder aufbaue … und dann quäle ich mich doch ziemlich in der Gegen rum. Sicherlich tragen die niedrigen Temperaturen und eine latente Erkältung dazu bei, dass ich nicht so recht in Schwung komme – enttäuscht bin ich trotzdem. Das ersehnte freudige dahingleiten ist doch mit viel Anstrengung verbunden. Zum Glück lassen ein paar abschüssige Passagen in den letzten Tagen erahnen, wie schön es ist, im Liegen unterwegs zu sein.

Da ist noch das berühmte Potenzial nach oben.

Und einen guten Platz für den Foto suche ich auch noch…

Allem Neuen wohnt ein Zauber inne (frei nach Hesse…)

So schnell wollte ich mich nicht vom Ostrad trennen. Ich habe also kritisch hinterfragt, in welchen Punkten der Grasshopper wirklich besser ist als das Ostrad. Dabei waren folgende Punkte entscheidend:

  • Faltbarkeit: Bahnfahren mit dem Ostrad macht nicht viel Spaß, da die Einstiege oft schmal sind und etliche „Fahrradabteile“ rein auf „Normalräder“ ausgelegt sind. Wie soll ich mein Vorderrad kurz unter die Decke hängen, wenn dann erst einmal das Tretlager kommt? Der Grasshopper ist laut Prospekt in 60 Sekunden faltbar.
  • Schalensitz: Nach Jahrzehnten mit einem Netzsitz kenne ich die Vor- und Nachteile gut. Klar lässt sich am Netzsitz einfach noch die Kamera anhängen usw.. Gleichzeitig rutsche ich jedoch seitlich darauf, was das Fahren erschwert. Und dass bei einem Netzsitz der Rücken nicht nassgeschwitzt wird, ist ein hartnäckiges Gerücht, das auf micht nicht zutrifft.
  • Lenkstange außerhalb des Kniebereichs: Seit meiner Knieoperation nach einem verunglückten Versuch, einen Federball zu erreichen, bin ich am Knie überempfindlich. Da die indirekte Lenkung beim Ostrad oben an der Gabel befestigt ist, berühre ich die Stelle ab und an mit meinem Knie, was mich ziemlich nervt
  • Ersatzteilbeschaffung: Das Ostrad hat das große Problem, dass es nicht mehr hergestellt wird. Da ich keine Werkstatt habe, kann ich auch nicht groß basteln und habe deshalb Probleme, Ersatzteile selber zu bauen. Ich bewundere immer Menschen, die sich ihre Räder selber bauen. Neben einer Werkstatt fehlt mir dazu auch das handwerkliche Geschick … und die Zeit.
  • Gewicht: Ich bin sicher kein Gewichtsfetischist und würde ich meine „Reserven“ abbauen, wäre der Gewichtsunterschied zwischen Ostrad und Grasshopper sicher aufgehoben. Aber ich muss schon feststellen, dass der Grasshopper sich wesentlich einfacher die Kellertreppe rauf- und runtertragen lässt.

Nach langem Nachdenken habe ich mich dann dafür entschieden, dass ich mich nach 15 Jahren auch von einem Rad trennen kann und werde versuchen, es in gute Hände abzugeben.

Eine Runde (Gras-)Hüpfen

Ich auf dem Leihgrasshopper

Ich auf dem Leihgrasshopper (Bild: Alexandra Selz)

Etliche Gedankengänge nach meinem Urlaub und der Testfahrt mit dem Scorpion hatte ich Einiges für mich klarer. Ein schnelles E-Liegedreirad war für mich eigentlich unsinnig, denn ich wollte ja ein Rad, das auch einen gewissen Trainingseffekt hat. Außerdem musste ich leider feststellen, dass Radfahren in Darmstadt sowieso schon oft an die Spaßgrenze stößt, sich aber mit einem Liegedreirad etliche mir wichtige innerstädtische und regionale Verbindungen entweder nicht fahren lassen, weil sie zu schmal sind oder aus Waldwegen bestehen, die mit einem einspurigen Fahrzeug besser zu befahren sind. Dass im Außenbereich wichtige Radwege nicht genutzt werden dürfen ist ein weiteres Problem … auch wenn ich mich darüber vermutlich hinwegsetzen würde, da auf Bundes- oder Landstraßen mit parallel verlaufenden Radweg das Risiko, über den Haufen gefahren zu werden, einfach zu groß ist.

Dazu kam leider noch das Problem des Abstellens. Ein Liegedreirad in den Fahrradkeller zu zerren funktioniert leider nicht und eine adäquate Abstellmöglichkeit ebenerdig habe ich leider nicht. Mein Versuch, auf meinem Stellplatz eine überdachte Abstellanlage zu bauen, scheitert leider an der ablehnenden Haltung der Stadt Darmstadt. Diese ist der Meinung, dass ich meinen PKW-Stellplatz immer verfügbar haben muss. Eine entsprechende Lösung auf dem Gemeinschaftsbereich des Grundstücks ist leider am nicht erzielbaren Einvernehmen aller Miteigentümer gescheitert. Es sind manchmal die banalen Dinge, an denen gute Ideen scheitern.

Jetzt stand also wieder die Frage im Raum, ob ich das Ostrad saniere oder ein neues Rad anschaffe. Da Fahrrad Claus nur einen Grasshopper mit Obenlenker zum Ausleihen hat, habe ich mir bei Mainvelo in Frankfurt einen Grasshopper mit Untenlenkung gemietet. Ich bin dann meinem GPS durch Frankfurt gefolgt … und habe lernen müssen, dass es da auch Hügel gibt. Außerdem musste ich feststellen, dass Radfahren in Frankfurt deutlich unangenehmer ist als in Darmstadt. Ich bin auf diversen engen und übersichtlichen Gehweg-Fahrradwege langgeeiert … und stand dann auf der Hauptstraße in Langen im Stop-and-go Berufsverkehr. Aber abgesehen davon konnte ich schon feststellen, dass der Grasshopper ein solides Rad ist, dass sich gut fahren lässt. Diesmal habe ich auch an ausreichende Getränke und zugehörige Trinkpausen gedacht. So kam ich dann Abends ziemlich begeistert in Darmstadt an. Und auch die Kellertreppe war nicht unüberwindbar, wenn auch ein ziemliches Gezerre.

Am nächsten Tag habe ich mir dann doch etwas mehr Gedanken über die Fahrtroute gemacht und bin am Flughafen vorbei auf den Nidda-Radweg gefahren und von dort dann zu Mainvelo zurückgefahren. Dort habe ich brav meine Miete bezahlt und bin dann mit der S-Bahn zurück nach Darmstadt gefahren.

Zwei angenehme Liegeradtage waren vorbei … jetzt musste ich zu einer Entscheidung kommen, denn die beste Zeit ein Rad zu kaufen ist nach der Eurobike und vor der neuen Saison. Da haben alle Läden und Hersteller Zeit … und die neuen Preise gelten noch nicht.

Was hat Dich denn gestochen?

so ähnlich müssen wohl etliche Menschen in meinem Umfeld gedacht haben, als ich begeistert von meinen Urlaubsplänen erzählt habe: Mit einem Leihrad im hessischen Ried rumfahren. Das hessische Ried ist eine insbesondere in den 1930er Jahren urbar gemachte Auenlandschaft des Rhein, die sich vor allem durch eine intensive Landwirtschaft mit weitgehend ausgeräumter Landschaft und Straßendörfer auszeichnet.

Aber es gibt in Trebur mit Fahrrad Claus einen Fahrradhändler, der sich auf Spezialräder und (eher) hochwertige E-Bikes spezialisiert hat – soweit das im ländlichen Raum möglich ist. Und es war zu der Zeit der einzige Händler, bei dem ich einen Scorpion ausleihen konnte.

Warum sollte es ein Scorpion sein? Die Frage ist eigentlich durch die Beschreibung von Michael Kausch hinreichend beantwortet. Aber auch Tobias Haase und Maria Jeanne Dompierre beschreiben auf ihren Blogs eindrücklich, wie klasse das Fahren auf einem Scorpion ist.

Meine Erwartungen waren dementsprechend sehr hoch. Und sie wurden auch in weiten Bereichen erfüllt. Die Straßenlage des Scorpions ist klasse und die schnelle E-Unterstützung ist beeindruckend. Das ist kein Rückenwind, das ist mehr. Schon der Start in Trebur hat viel Spaß gemacht. Ich bin dann erst einmal zum Eingewöhnen über breite asphaltierte Wege gesaust – wenn ich jetzt schreiben würde, dass das Radwege gewesen wären, wäre das eine Ordnungswidrigkeit. Ich frage mich wirklich, warum die Regelung aufgehoben wurde, dass schnelle E-Bikes außerorts Radwege benutzen dürfen … und dazu sind auch alle land- und forstwirtschaftlichen Wege verboten, da eine E-Unterstützung mit mehr als 25 km/h das Fahrrad zu einem Kraftfahrzeug macht.

Überrascht und begeistert war ich davon, wie schnell ich in der Ebene ohne E-Unterstützung vorankomme. Da war schnell klar – entweder ein schnelles E-Bike … oder Keines. Denn es macht wenig Sinn, sein Rad doch etliche Kilogramm schwerer zu machen, um sich von 20 (oder mehr) auf 25 km/h schieben zu lassen.

Nach einigem probieren auf einfachen Strecken, habe ich mich dann an schwierigeres Terrain herangemacht… und bin freudig über Kopfsteinpflaster und ähnliche Beläge gerauscht. Es ist erstaunlich, was das Fahrwerk alles abfängt.

In der Stadt war die 45 km/h Unterstützung klasse. Da die Nutzung der Radwege einerseits verboten ist aber diese auch in weiten Teilen viel zu schmal sind, um darauf sicher mit einem Liegedreirad zu fahren, bin ich einfach gut sichtbar auf der Straße gefahren. Und die bösen Blicke mancher Automobilisten, nach dem Motto „warum bremst der mich denn da“ wichen regelmäßig offenen Mündern, wenn ich nach einer Rotphase durchstartete. Die Beschleunigung war auch für mich manchmal ein wenig überraschend …

Am Abend des ersten Tages kam ich dann ziemlich fertig heim. Vor lauter Begeisterung über den Scorpion und seine Fahreigenschaften habe ich leider viel zu wenig getrunken. Darauf führe ich zumindest die Kopfschmerzen zurück, die mich auf einmal plagten. Leider meldete sich aber auch mein Schleudertrauma zurück, dessen Ursache inzwischen 15 Jahre zurücklag. Das ich aber mit einem Sturz mit dem Birdy bei Blitzeis wieder aufgefrischt hatte.

Für den zweiten Tag habe mir dann vorgenommen, etwas kürzer zu treten … das habe ich dann auch gemacht, denn ich musste den Scorpion ja auch im guten Zustand zurückgeben. Ich hatte mir vorgenommen, doch noch die Geländetauglichkeit ein wenig zu testen. Einige Sträßchen rund um Darmstadt sind in so einem schlechten Zustand, dass ein einfacher Waldweg vermutlich eine geringere Anforderung an die Federung gestellt hätte.

Kurz vor Trebur habe ich dann noch eine kleine Putzpause gemacht und an diesem Tag auch viel getrunken. Es war dann schon eine ziemlich wehmütige Heimfahrt mit dem Birdy.

Drei Gedanken trieben mich um:

  • soll es tatsächlich ein Liegedreirad werden
  • soll es eine E-Unterstützung geben
  • sollte ich nicht doch lieber das Ostrad wieder aufpolieren.

Mit diesen Gedanken ging ich dann zwei Wochen Wandern … um ab und an von Liegerädern zu träumen.

Spezialradmesse (SPEZI) 2014

Im Rahmen der guten Vorsätze für 2014 wollte ich auf jden Fall wieder zur SPEZI… und nachdem es 2013 durch die Jahresprämie im Büro ein neues Birdy gegeben hat, hatte ich schon auch den Hintergedanken an ein neues Liegerad. Das Ostrad hatte ich auch noch nicht ganz aufgegeben und deshalb die Maße der Vordergabel dabei, die doch zunehmend ein Ärgernis war, da sie sich nicht mehr einstellen ließ.

Das waren dann doch die falschen Randbedingungen. Ich hatte doch irgendwie das Gefühl, dass da ganz viele schöne Liegeräder standen und „kauf mich“ riefen. Besonders laut waren diese Rufe bei den Dreirädern. Liegeradfahren in der Kurve ist klasse. Durch den tieferen Schwerpunkt ist eine viel größere Seitenneigung als beim „normalen“ Rad möglich … und bei den Liegedreirädern ist der Fahrspaß mindestens genau so groß… und auf welchem Rad lässt sich während dem Radfahren Pizza essen.

Auch der E-Parcours war beeindruckend. Insbesondere die Steuerungstechnik ist inzwischen ziemlich gut. Viel Spaß hatte ich mit dem Lasten-E-Bike von Riese und Müller. Auf meine Bemerkung in der Warteschlange, dass es natürlich viel spannender wäre mit Last zu fahren, bot sich eine Frau vor mir in der Schlange an, sich einfach in das Gepäckfach zu stetzen. Ich fand das ja ziemlich mutig von Ihr … aber sie hatte dann genau so viel Spaß wie ich. Auf einen Tausch in die andere Richtung haben wir dann auf Grund der Gewichtsunterschiede doch verzichtet … aber auf 60 Kilo werde ich wohl nie kommen.

Am nächsten Tag hatte ich dann einen kräftigen Muskelkater. Das hat mich mal wieder dazu gebracht zu beschließen, dass ich an meiner Kondition und am körperlichem Gesamtzustand etwas machen muss. Leider war jedoch klar, dass es bis zur Sommerpause im Büro ziemlich turbulent wird. Deshalb habe ich für die Sommerpause eingeplant, einen Scorpion von HP Velotechnik auszuleihen, um das Dreiradfahren einmal für mehrere Stunden auszuprobieren und nicht nur wie bei der Spezi für jeweils 30 Minuten auf der Runde.

Und den Urlaub haben wir so geplant, dass wir Ende August in der Nähe des Bodensees waren – damit auf dem Heimweg ein Besuch der Eurobike möglich wird.

Alles Neu macht der Mai…

Gasse im Elsass

Gasse im Elsass (Bild: Klaus Dapp)

so war das zumindest gedacht. Die Kette am Ostrad gut geölt und gut nach Basel gebracht. Dann wollten wir am Rand der Vogesen entlang den Rhein hinunter fahren. Leider tagte in der Woche das Europäische Parlament in Straßburg … und damit waren alle halbwegs bezahlbaren Übernachtungsmöglichkeiten weg. Das führte dazu, dass wir die ersten Etappen ziemlich lang planen mussten … zumindest finde ich 70/80 km für die ersten Tage lang. Die guten Vorsätze, vorher kräftig zu trainieren habe ich leider auch nur in kleinen Ansätzen umgesetzt… kurz: keine guten Randbedingungen. Dann kam auch noch ekliges Regenwetter dazu. Aber wir ließen uns nicht entmutigen und nahmen für den ersten Teil den Zug. In Frankreich war das Wetter dann auch besser und wir freuten uns, nach 30 Kilometern das erste Ziel zu erreichen.

Am nächsten Tag habe ich mich dann doch gewundert, wie schlecht meine Kondition war. Ich hatte den Eindruck, einen Bremsklotz hinter mir her zu ziehen. Leider kam ich erst nach etlichen anstrengenden Stunden auf die Idee, mal zu schauen, ob noch genug Luft in den Reifen ist… und tatsächlich stellte sich raus, dass wohl das Ventil sich beim Aufpumpen am Vortag gelockert hatte und ich mit knapp 2 Bar unterwegs war. Danach lief es dann besser – aber die Anstrengung saß leider in den Knochen … oder besser in den Muskeln und Sehnen. Am Abend bin ich dann eher ins Bett gehumpelt als gegangen.

Am nächsten Tag wäre ich am liebsten im Bett geblieben … was ein Muskelkater. Und das war auch noch der Tag mit Bergetappe und 80 Kilometern. Wir fuhren im leichten Nieselregen los … und die Laune wurde bei neun Grad (immerhin plus) von Kilometer zu Kilometer schlechter. Bis zum Mittag nahm der Regen noch einmal zu … und in der Mittagspause haben wir dann nach einem Blick auf die Karte beschlossen, dass wir abbrechen. In dem Ort gab es eine Bahnlinie, die es uns ermöglichte wieder nach Basel zurück zu fahren.

Der Zahn der Zeit …

Rohloff Schaltung im Ostrad Presto

Rohloff Schaltung im Ostrad Presto (Bild: Klaus Dapp)

Auch Fahrräder werden vom Rumstehen nicht besser – diese traurige Erfahrung musste ich im Herbst 2010 machen. In den letzten Jahren stand das Ostrad fast nur noch im Keller. Beruflich war ich in den letzten Jahren ziemlich angespannt, Mein teilweise sehr zeitintensive politisches Engagement und meine anderen Tätigkeiten bzw. Hobbies haben meine Zeit in Anspruch genommen.

Das hat nicht nur bei mir Spuren hinterlassen – das Gesamtgewicht hat sich leider deutlich erhöht – auch am Ostrad stellten sich diverse Probleme ein. Im Herbst wurde ich dann endlich mal wieder aktiv und habe die schleifende Hinterradbremse ersetzen lassen. Außerdem haben ich Winterpause der Fahrradläden und Hersteller genutzt, und die Rohloff-Schaltung durch den Hersteller durchsehen lassen und eine „Leichtschalten“-Option installieren lassen. Diese gab es im Jahr 2000 noch nicht und das Ergebnis war wirklich eine positive Überraschung.

Ich habe sogar die Zeit gefunden, bei Ostrad in Berlin nach einem neuen Sitzgestell nachzufragen. Das alte Gestell kam noch vom Vorgängerrad und war verbogen. Obwohl Ostrad keine Liegeräder mehr herstellt, fand sich in einem Lager doch noch ein Sitzgestell. Das Ostrad-Team staunte wohl schon etwas, als ich einen Tagungsaufenthalt in Berlin nutzte, um mit Hemd und Jackett die Teile zu kaufen. Aber auch mein Chef war etwas irritiert, als ich bei der Rückfahrt ein Sitzgestell in den ICE trug.

Leider habe ich den Elan nicht genutzt, um dann auch gleich zur Tat zu schreiten. Die Bedingungen sind aber auch nicht gut. Ohne gescheite Werkstatt macht Schrauben keinen Spaß. Und die dafür notwendige Zeit habe ich leider auch nicht.

Aber es gibt noch einen anderen Grund, warum ich immer weniger mit dem Ostrad gefahren bin. Der Fahrradkeller ist nur über eine Treppe zu erreichen. Das ist mit dem doch ziemlich unhandlichen Liegerad jedes mal ein Gezerre … und ich habe mir dann auch eine böse Zerrung geholt. Das hat dazu beigetragen, dass ich die täglichen Fahrten nur noch mit dem Birdy gemacht habe. Und dann ist ein Teufelskreis in Gang gekommen. Durch das wenige Fahren haben sich meine „Liegeradmuskeln“ deutlich zurückgebildet. Damit waren die Touren zu meinen Eltern oder anderen Zielen so anstrengend, dass ich die auch nicht mehr gemacht habe.

Windpocken

Ostrad Presto auf Tour

Ostrad Presto auf Tour (Bild: Klaus Dapp)

Ich wollte den Verlust meines Rades als Chance nutzen. In den letzten Jahren hat sich die Fahrradtechnik deutlich weiterentwickelt. Rohloff hat die 14-Gang-Nabenschaltung auf den Markt gebracht, Magura hat Scheibenbremsen am Fahrrad erfolgreich eingeführt. Das bot die Chance, ein paar Probleme der kleinen Räder zu beseitigen.

Bei kleinen Rädern besteht bei Felgenbremsen immer das Problem, dass die Felgen deutlich schneller durchgebremst sind als bei größeren Rädern. Das hat mir mit dem alten Liegerad eine schöne Radtour vermiest, deshalb war klar, dass ich Scheibenbremsen haben wollte. Mit der Rohloff Nabenschaltung war es möglich, auf das wegen der kleinen Räder fast schon im Dreck schleifende Schaltwerk zu verzichten.

Ich bin also mit einem langen Zettel nach Berlin zu Ostrad gefahren, um mir ein entsprechendes Rad bauen zu lassen. Als in in Berlin in der Winsstraße ankam, hat mich dann fast der Schlag getroffen. Die erste Frage war, ob ich schon mal Windpocken hatte. Damit habe ich nicht gerechnet … aber der Grund war ganz einfach. Der Konstrukteur, Dan Ehle, musste seine kranke Tochter hüten. Wir haben dann am Wohnzimmertisch alle Wünsche diskutiert und Dan hat daraufhin für mich das erste Ostrad mit Rohloffschaltung, verstärkter Hinterradgabel für die Anhängerkupplung und Scheibenbremsen gebaut.

Als es dann endlich da war, war ich begeistert. Nach einigen Monaten der Abstinenz musste ich zwar wieder trainieren, aber war ich wieder gerne liegend unterwegs. Allerdings hatte ich zwischenzeitlich ein Birdy angeschafft, so dass ich doch immer wieder Trainingsprobleme hatte. Denn eines ist klar, beim Liegeradfahren werden spezielle Muskelgruppen beansprucht, die beim normalen Radfahren oder Joggen nicht genutzt werden. Ein weiteres Problem war die Parkierung. Entweder stand das Liegerad in einem Fahrradkeller, der nur schlecht über eine Treppe erreichbar war, oder das Rad stand unter einer Plane draußen und musste jeweils mühsam befreit werden. Dies führte dazu, dass mein Trainingszustand ständig schlechter wurde und ich deshalb dann auch immer weniger fuhr.

Ost-Power

Ostrad Presto nach schwerem Unfall

Ostrad Presto mit Totalschaden (Bild: Klaus Dapp)

Ziemlich gut kann ich mich noch an das Ende meines ersten Kurzliegers erinnern. Nach dem Langlieger Peer Gynt hatte ich mich 1995 entschlossen, ein Liegerad mit kurzem Radstand anzuschaffen. Das sollte gerade in der Stadt deutlich wendiger sein. Außerdem wollte ich endlich eine gute Federung … die Federung genannte Hinterradwackeleinrichtung am Peer Gynt war auf die Dauer nicht befriedigend.

Warum es dann ein Ostrad Presto wurde, weiß ich nicht mehr. Es war ein treuer täglicher Begleiter und ich erinnere mich noch gerne an Touren durch Leipzig und die umgebenden Braunkohle-Tagebaue 1995. Da war ich oft froh, dass ich ein solides und gut gefedertes Rad hatte.

Das traurige Ende des Rades habe ich einer kleinen Unachtsamkeit im Herbst 1999 zu verdanken. Ich bin mit ziemlich Tempo auf einen Felsbrocken gefahren, der in einer Tempo 30 Zone in Darmstadt die Begrenzung einer Fahrbahneineingung darstellte. Zum Glück sind Liegeräder sehr sicher. Ich habe mich nicht überschlagen und bin waagrecht vom Sitz geflogen. So lag ich dann vor den Trümmern des Rades.

Der deutlich erkennbare Bruch des Hauptrohrs an der Vorderradgabel zeigt, welche Kräfte gewirkt haben. Nach diesem Totalschaden am Rad und einem Schleudertrauma bei mir, musste ich mich um ein neues Rad kümmern…

P.S. Die Schutzbleche waren alte Fahrradreifen. Durch die Federung ist die Beanspruchung der Schutzbleche sehr hoch, so dass diese öfter kaputt gegangen sind. Die Lösung mit den Fahrradreifen sah zwar merkwürdig aus, funktionierte aber sehr gut. Und die irritierten Blicke von hinten, warum sich das Rad bewegt, obwohl sich das Rad doch gar nicht dreht, haben auch Spaß gemacht.