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Der Zahn der Zeit …

Rohloff Schaltung im Ostrad Presto

Rohloff Schaltung im Ostrad Presto (Bild: Klaus Dapp)

Auch Fahrräder werden vom Rumstehen nicht besser – diese traurige Erfahrung musste ich im Herbst 2010 machen. In den letzten Jahren stand das Ostrad fast nur noch im Keller. Beruflich war ich in den letzten Jahren ziemlich angespannt, Mein teilweise sehr zeitintensive politisches Engagement und meine anderen Tätigkeiten bzw. Hobbies haben meine Zeit in Anspruch genommen.

Das hat nicht nur bei mir Spuren hinterlassen – das Gesamtgewicht hat sich leider deutlich erhöht – auch am Ostrad stellten sich diverse Probleme ein. Im Herbst wurde ich dann endlich mal wieder aktiv und habe die schleifende Hinterradbremse ersetzen lassen. Außerdem haben ich Winterpause der Fahrradläden und Hersteller genutzt, und die Rohloff-Schaltung durch den Hersteller durchsehen lassen und eine „Leichtschalten“-Option installieren lassen. Diese gab es im Jahr 2000 noch nicht und das Ergebnis war wirklich eine positive Überraschung.

Ich habe sogar die Zeit gefunden, bei Ostrad in Berlin nach einem neuen Sitzgestell nachzufragen. Das alte Gestell kam noch vom Vorgängerrad und war verbogen. Obwohl Ostrad keine Liegeräder mehr herstellt, fand sich in einem Lager doch noch ein Sitzgestell. Das Ostrad-Team staunte wohl schon etwas, als ich einen Tagungsaufenthalt in Berlin nutzte, um mit Hemd und Jackett die Teile zu kaufen. Aber auch mein Chef war etwas irritiert, als ich bei der Rückfahrt ein Sitzgestell in den ICE trug.

Leider habe ich den Elan nicht genutzt, um dann auch gleich zur Tat zu schreiten. Die Bedingungen sind aber auch nicht gut. Ohne gescheite Werkstatt macht Schrauben keinen Spaß. Und die dafür notwendige Zeit habe ich leider auch nicht.

Aber es gibt noch einen anderen Grund, warum ich immer weniger mit dem Ostrad gefahren bin. Der Fahrradkeller ist nur über eine Treppe zu erreichen. Das ist mit dem doch ziemlich unhandlichen Liegerad jedes mal ein Gezerre … und ich habe mir dann auch eine böse Zerrung geholt. Das hat dazu beigetragen, dass ich die täglichen Fahrten nur noch mit dem Birdy gemacht habe. Und dann ist ein Teufelskreis in Gang gekommen. Durch das wenige Fahren haben sich meine „Liegeradmuskeln“ deutlich zurückgebildet. Damit waren die Touren zu meinen Eltern oder anderen Zielen so anstrengend, dass ich die auch nicht mehr gemacht habe.

Windpocken

Ostrad Presto auf Tour

Ostrad Presto auf Tour (Bild: Klaus Dapp)

Ich wollte den Verlust meines Rades als Chance nutzen. In den letzten Jahren hat sich die Fahrradtechnik deutlich weiterentwickelt. Rohloff hat die 14-Gang-Nabenschaltung auf den Markt gebracht, Magura hat Scheibenbremsen am Fahrrad erfolgreich eingeführt. Das bot die Chance, ein paar Probleme der kleinen Räder zu beseitigen.

Bei kleinen Rädern besteht bei Felgenbremsen immer das Problem, dass die Felgen deutlich schneller durchgebremst sind als bei größeren Rädern. Das hat mir mit dem alten Liegerad eine schöne Radtour vermiest, deshalb war klar, dass ich Scheibenbremsen haben wollte. Mit der Rohloff Nabenschaltung war es möglich, auf das wegen der kleinen Räder fast schon im Dreck schleifende Schaltwerk zu verzichten.

Ich bin also mit einem langen Zettel nach Berlin zu Ostrad gefahren, um mir ein entsprechendes Rad bauen zu lassen. Als in in Berlin in der Winsstraße ankam, hat mich dann fast der Schlag getroffen. Die erste Frage war, ob ich schon mal Windpocken hatte. Damit habe ich nicht gerechnet … aber der Grund war ganz einfach. Der Konstrukteur, Dan Ehle, musste seine kranke Tochter hüten. Wir haben dann am Wohnzimmertisch alle Wünsche diskutiert und Dan hat daraufhin für mich das erste Ostrad mit Rohloffschaltung, verstärkter Hinterradgabel für die Anhängerkupplung und Scheibenbremsen gebaut.

Als es dann endlich da war, war ich begeistert. Nach einigen Monaten der Abstinenz musste ich zwar wieder trainieren, aber war ich wieder gerne liegend unterwegs. Allerdings hatte ich zwischenzeitlich ein Birdy angeschafft, so dass ich doch immer wieder Trainingsprobleme hatte. Denn eines ist klar, beim Liegeradfahren werden spezielle Muskelgruppen beansprucht, die beim normalen Radfahren oder Joggen nicht genutzt werden. Ein weiteres Problem war die Parkierung. Entweder stand das Liegerad in einem Fahrradkeller, der nur schlecht über eine Treppe erreichbar war, oder das Rad stand unter einer Plane draußen und musste jeweils mühsam befreit werden. Dies führte dazu, dass mein Trainingszustand ständig schlechter wurde und ich deshalb dann auch immer weniger fuhr.

Ost-Power

Ostrad Presto nach schwerem Unfall

Ostrad Presto mit Totalschaden (Bild: Klaus Dapp)

Ziemlich gut kann ich mich noch an das Ende meines ersten Kurzliegers erinnern. Nach dem Langlieger Peer Gynt hatte ich mich 1995 entschlossen, ein Liegerad mit kurzem Radstand anzuschaffen. Das sollte gerade in der Stadt deutlich wendiger sein. Außerdem wollte ich endlich eine gute Federung … die Federung genannte Hinterradwackeleinrichtung am Peer Gynt war auf die Dauer nicht befriedigend.

Warum es dann ein Ostrad Presto wurde, weiß ich nicht mehr. Es war ein treuer täglicher Begleiter und ich erinnere mich noch gerne an Touren durch Leipzig und die umgebenden Braunkohle-Tagebaue 1995. Da war ich oft froh, dass ich ein solides und gut gefedertes Rad hatte.

Das traurige Ende des Rades habe ich einer kleinen Unachtsamkeit im Herbst 1999 zu verdanken. Ich bin mit ziemlich Tempo auf einen Felsbrocken gefahren, der in einer Tempo 30 Zone in Darmstadt die Begrenzung einer Fahrbahneineingung darstellte. Zum Glück sind Liegeräder sehr sicher. Ich habe mich nicht überschlagen und bin waagrecht vom Sitz geflogen. So lag ich dann vor den Trümmern des Rades.

Der deutlich erkennbare Bruch des Hauptrohrs an der Vorderradgabel zeigt, welche Kräfte gewirkt haben. Nach diesem Totalschaden am Rad und einem Schleudertrauma bei mir, musste ich mich um ein neues Rad kümmern…

P.S. Die Schutzbleche waren alte Fahrradreifen. Durch die Federung ist die Beanspruchung der Schutzbleche sehr hoch, so dass diese öfter kaputt gegangen sind. Die Lösung mit den Fahrradreifen sah zwar merkwürdig aus, funktionierte aber sehr gut. Und die irritierten Blicke von hinten, warum sich das Rad bewegt, obwohl sich das Rad doch gar nicht dreht, haben auch Spaß gemacht.

Lang liegen

Langlieger Peer Gynt mit Anhänger

Langlieger Peer Gynt mit Anhänger (Bild: Klaus Dapp)

Wenn ich mich ja noch erinnern könnte, wie ich 1992/93 wirklich zum Liegeradfahren gekommen bin. Ich weiß heute (2015) nur noch, dass ich mein erstes Liegerad in Darmstadt gesehen habe. Ich vermute, dass ich mich bei der Luftpumpe (damals noch im Martinsviertel) mit dem Liegeradvirus angesteckt habe. Wenn ich mich richtig erinnere, ist Didi, einer der Inhaber, damals Liegerad gefahren.

Damals war die Bahn-Verbindung zu meinen Eltern so schlecht, dass ich die 50 Kilometer per Rad in einer vergleichbaren Zeit fahren konnte und deshalb auf der Suche nach einem gemütlichen und rückenschonendem Rad war. Mein Stadtrad – ein Orginal Miele Damenrad von meiner Großmutter – wurde mir geklaut und das muss wohl der Ausschlag dafür gewesen sein, mich Richtung Liegerad zu orientieren.

Nachdem ich mir mühsam die für das Liegerad-Fahren notwendigen Muskeln antrainiert habe – und das war eine ziemliche Quälerei – bin ich dann auch nur noch Liegerad gefahren.

Auf dem Bild aus dem Sommer 1995 lässt sich die Teilverkleidung gut erkennen. Die hatte ich als Regenschutz angeschafft. Eine gute Entscheidung, denn neben dem Schutz vor Regen hat die Verkleidung auch dazu beigetragen, dass mein Rad als Fahrzeug wahrgenommen wurde, das seinen Platz auf der Straße braucht. Und da das Rad als „Langlieger“ mit einem langen Radstand so etwa den Wendekreis einen Linienbusses hat, habe ich tatsächlich viel Platz gebraucht.

Bei einem Workshop des Treff Angepasste Technologie an der TH Darmstadt haben wir dann aus einem alten Bettgestell den Anhänger gebaut. Der hat eine Tragfähigkeit von bis zu 100kg und ist im Verhältnis erstaunlich leicht.

Mit diesem Gerät bin ich gute zwei Jahre ziemlich viel unterwegs gewesen – bis zu einem ziemlich blöden Unfall. Die Lenkung erfolgt indirekt, d.h. zwischen dem Lenker unter dem Sitz und dem Vorderrad über trägt eine Lenkstange die Lenkbewegung. An dieser Lenkstange löste sich beim Queren einer Straße kurz vor der herankommenden Straßenbahn ein Gelenk und ich habe mich – zum Glück außerhalb des Gleisbereichs – auf die Nase gelegt.

Nach einigem Gezerre mit der Firma Radius habe ich dann einen neuen Rahmen bekommen,den ich dann nach kurzer Zeit verkauft habe. Ich hatte einfach kein Vertrauen mehr in die Firma und immer ein schlechtes Gefühl.